Angst und Stress

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Angst und Stress

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Gesundheit · Dienstag, 10. März 2020 ·  7:15
Die Begriffe "Person - Angst - Stress"

Fritz Riemann, ein Psychologe, hat das Buch geschrieben: Grundformen der Angst. Darin beschreibt er zwei grundsätzliche Angstantinomien, die sich gegenseitig ergänzen:

a) Nähe und Distanz
b) Wechsel und Ordnung

In dem Moment, in dem wir den einen Teil der jeweiligen Antinomie stärker und einseitiger leben, kommen wir in die Dualität, so dass ein Ungleichgewicht entsteht. In der Regel entstehen dann Ängste. Riemann nennt diese Ängste "Grundängste" - Grundängste deswegen, weil im Grunde jeder Mensch diese Ängste kennt.

Riemann (1902 – 1979) unterschied vier Persönlichkeitstypen mit folgenden vier Grundängsten:

1.) schizoid als Angst vor zu viel Nähe
2.) depressiv als Angst vor zu viel Distanz
3.) zwanghaft als Angst vor zu viel Wechsel/Risiko
4.) hysterisch als Angst vor zu viel Ordnung/Konstanz


Zum Begriff "Person":

Der Begriff „Person“ stammt aus der lateinischen Sprache (lat. persona) und kann mit „Rolle“ oder „Maske“ übersetzt werden. In dem Wort "persona" verbirgt sich der lateinische Infinitiv "(per-) sonare" (deutsch: klingen; englisch: to sound). Insofern ist unter dem Begriff "Person" etwas zu verstehen, das sich in besonderer Weise durch Klang (z.  B. "Stimme") oder durch Wesensmerkmale oder in Form einer Rolle auszeichnet.

Zur Person gehören:

-Klang und Melodie der Stimme (inkl. Akzent oder Dialekt)
-Sexuelle Präferenz
-Biographie und persönliche Daten
-Herkunft und Prägung
-Grad der Bildung
-Konfession
-Wohnsituation
-finanzielle Situation
-Hobbys
-Berufliches
-Gottes-, Menschen- und Weltbild
-Macken, Eigenschaften, ein bestimmter Typ


Die Person prägt sich im Laufe des Heranwachsens. Dabei durchläuft der Mensch verschiedene Stadien, wie der Psychologe Erik Homburger Erikson (1902 – 1994) feststellte. Dabei können durch Polaritäten Krisen entstehen wie z. B.:

--> Urvertrauen vs. Urmisstrauen
--> Autonomie vs. Scham/Zweifel
--> Leistung vs. Minderwertigkeitsgefühl
--> Identität vs. Rollenkonfusion
--> Ich-Integrität vs. Verzweiflung
 

Zu den Begriffen "Angst und Stress":

Jeder Mensch ist individuell, d. h. jeder Mensch hat auch eine eigene ihm spezifische Stresstoleranzgrenze. Stress macht sich bemerkbar in Form von Müdigkeit, Reizbarkeit, Antriebslosigkeit, Magenschmerzen, Panik und Angst, Zittern, Anspannung, schnelles Reden, Kopfschmerzen, Erröten, Herzrasen, Appetitlosigkeit bzw. erhöhter Appetit, Unsicherheit. Folgen von Stress sind in aller Regel dann Krankheiten, wenn der empfundene Stress nicht ausgeglichen wird durch Schlaf bzw. durch das Gefühl der Ruhe, der Gewissheit und der Zufriedenheit. Angst spielt dabei eine große Rolle. Angst erleben wir in Form von Enge in Form des Mangels an Ruhe, des Mangels an Gewissheit und des Mangels an Zufriedenheit. Körperlich erleben wir Angst als Anspannung der Muskeln. Angst kann sinnvoll und zugleich unsinnig sein. Sinnvoll ist Angst dann, wenn wir auf Gefahren hingewiesen werden, z. B. nicht zu leichtsinnig von einer hohen Mauer herunterzuspringen. Wann Angst unsinnig ist, ist nicht leicht zu sagen. Fakt ist, dass jeder Mensch zur Angst neigt. Angst ist ein wichtiges Warnsignal und dient(e) innerhalb der Evolution dem Überleben. Angst ist damit ein Relikt aus archaischen Zeiten und diente damals dem Steinzeitmenschen, vor wilden Tieren fliehen zu können. Auf Angst reagiert der Mensch seit der Steinzeit, indem er durch Hormonausschüttung Muskeln anspannt. Diese Anspannung ermöglichte das Fortrennen, wenn ein wildes Tier den jeweiligen Menschen bedrohte. Diese Anspannung in Form von Bedrohung empfinden wir heutzutage als Stress. Bedrohung ist – wie bereits erwähnt – nicht nur Überforderung, sondern auch Unterforderung löst in uns eine Form der Bedrohung und insofern Stress aus. Der Grund für das Auslösen einer psychischen Erkrankung wird in der Medizin derzeit im sog. „Vulnerabilitäts-Stress-Modell“ gesehen. Stress in Verbindung mit einer erhöhten Vulnerabilität (Verletzbarkeit) lassen uns nach diesem Modell krank werden. Wie gut wir mit Stress umgehen können, ist unterschiedlich. Wird jedoch eine kritische Grenze überschritten, kann eine psychische Krankheit ausgelöst werden, wenn wir uns nicht durch Entspannung, Ruhe und Schlaf erholen konnten. Die kritische Grenze der Stresstoleranz sollte also nicht überschritten werden.


Von Sigmund Freud (1856 – 1939) ist die Lehre vom „Über-Ich“ bekannt, einer Art „Gewissen“, die wie eine Instanz über der Persönlichkeit des Ichs wacht und Motor der Angst sein kann. Im Über-Ich erkannte er einen inneren Bestrafungs- bzw. Anklagemechanismus. Dieser Mechanismus kann z. B. durch Erziehung entstehen. Die Eltern erziehen uns. Aber auch die Religion(en). Freuds Ziel im Sinne seiner Psychoanalyse bzw. Psychotherapie war es, das Über-Ich zum Schweigen zu bringen, damit das Ich befreit sein kann. Freud glaubte, der Patient könne das dadurch erreichen, indem er bestimmte Moralvorstellungen von den Ursachen her analysiert und diese ggf. für unsinnig erklärt. Bei Erfolg - so Freud - könne das Über-Ich mit dem Ich wieder eins werden, so dass der Patient wieder ganz zu sich, zu seinem Selbst, finden und sich dementsprechend auch wieder "selbst" lieben und annehmen könnte, was ja nicht möglich ist, wenn mein Über-Ich mich ständig selbst anklagt. Diese Kontrollinstanz ist entstanden

-durch strenge Erziehung des Vaters und / oder der Mutter bzw. anderer Personen während des Heranwachsens.
-durch mangelnde Liebe bzw. mangelndes Selbstbewusstsein aufgrund mangelnder Selbsterkenntnis.
-durch das Leben in Angst - bedingt durch das Bewusstsein in einem oder in beiden Antinomien (Fritz Riemann).
-durch Scham (Selbstablehnung, Mangel an Selbsterkenntnis und Selbstliebe).

Kurzum: durch Angst im Allgemeinen!

Es geht darum, dass wir auf unser Inneres hören und damit achtsam umgehen.  

Es geht darum, darauf zu achten:

-Wie atme ich gerade?
-Was empfinde ich gerade?
-Was denke ich gerade?
-Wie bewerte ich meine Gedanken?
-Fühle ich mich über- oder unterfordert?

Es geht um geistige Präsenz durch Beobachtung der Welt, des Körpers und des Geistes: Richten Sie, wenn Sie Stress haben, Ihre Aufmerksamkeit auf die Umwelt, ohne etwas zu wollen, zu beabsichtigen oder zu tun. Beobachten Sie, was um Sie herum vorgeht. Beginnen Sie, mit Ihrem Körper zu sprechen: mit Ihren Lungen, mit Ihrem Herzen, mit Ihrem Kiefer, mit Ihren Schultern, mit Ihrem Hals. Sagen Sie Ihrem Körper, dass er sich entspannen darf, weil weit und breit keine Bedrohung vorhanden ist. Versprechen Sie Ihrem Körper, dass Sie ihn beschützen und unterstützen. Konzentrieren Sie sich dabei auf Ihren Atem und erforschen Sie Ihren Körper dabei von innen. Hören Sie auf Ihre inneren Worte, Sätze und Gedankengänge. Die Art, wie Sie denken, bewirkt emotionale Anspannung. Durch die Bewertung unserer Gedanken entstehen Gefühle in uns. Ziel ist es, dass Ihr Gedankenstrom langsamer fließt. Erkennen Sie, dass Ihr Denken automatisch funktioniert und ein Produkt Ihrer Erinnerungen ist. Dieses Denken aus Ihren Erinnerungen neigt dazu, immer und immer wieder abgespielt zu werden. Wenn Sie Anspannung spüren, kann es zu Gefühlen von Angst kommen. Beobachten Sie Ihre Umwelt, Ihren Körper und Ihren Geist – nicht mehr und nicht weniger. Schweifen Sie Ihre Blicke aus dem Fenster in die Natur oder machen Sie einen Spaziergang. Beobachten Sie Ihre Angst, Ihre Anspannung. Entspannen Sie durch ruhiges und entspannendes Atmen. Ziel und Zweck ist dabei keinesfalls eine Trance, bei der Sie sich aus der Welt und der Wirklichkeit ausklinken, sondern genau das Gegenteil: die vollkommene Präsenz in der Realität im Hier und Jetzt. Wir kommen dann zur Ruhe, wenn wir vor der Angst und Unruhe ins uns nicht weglaufen, sondern uns ihr stellen: durch Schlafen, durch Ruhe und durch Entspannung. Stress führt bei fehlenden Erholungsphasen zur Belastung der Psyche als dem Bereich der Gefühle. Durch Schlafen, Ruhe und Entspannung erholt sich unsere Psyche, so dass Körper, Geist und Seele wieder in Einklang miteinander kommen können.

Eine weitere Entspannungsmethode ist die sog. „Progressive Muskelrelaxation“ nach Edmund Jacobson (1888 – 1983). Dabei werden nacheinander Muskelpartien des Körpers für fünf bis zehn Sekunden angespannt und danach entspannt, so dass sich nach und nach Ihr Körper entspannt. Eine mögliche Abfolge der An- und Entspannung ist dabei:

An- und Entspannung ...

-der Arme.
-des Gesichts, des Nacken, der Schultern.
-der Brust, des Bauches, der unteren Rückenpartie.
-der Gesäßmuskeln, der Oberschenkelmuskulatur, der Wadenmuskeln.

 
Weitere Entspannungsmethoden:

-Autogenes Training
-Phantasiereisen  

Das Autogene Training gliedert sich in sechs Grundübungen in Bezug auf die physiologischen Auswirkungen bei der Entspannung:

1.) Schwereübung:
Entspannung der Muskulatur

2.) Wärmeübung:
Gefäßerweiterung

3.) Atemübung:
Abnahme der Atemfrequenz

4.) Herzübung:
Senkung des Pulsschlags

5.) Sonnengeflechtsübung:
Anregung der Verdauung

6.) Stirnkühleübung:
zur Anregung


Bei einer Phantasiereise begibt man sich gedanklich auf eine Reise und stellt sich dabei vor, wie man z. B.  

-bei einem Spaziergang die Sonne genießt.
-in den Bergen einen Adler beim Fliegen beobachtet.
-sich das Rauschen des Meeres vorstellt.

Es geht um das richtige Verhältnis von Aktion (Anspannung) und Meditation (Entspannung, Ruhe, Schlaf).

Rainer Langlitz


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