Schwere Stunden für die Demokratie in Thüringen: In der konstituierenden Sitzung vom 26.09.2024 missachtet der Alterspräsident, Jürgen Treutler (AfD), die Gepflogenheiten der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags

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Schwere Stunden für die Demokratie in Thüringen: In der konstituierenden Sitzung vom 26.09.2024 missachtet der Alterspräsident, Jürgen Treutler (AfD), die Gepflogenheiten der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Essays · Donnerstag, 26. September 2024 ·  14:45
Heute am 26. September 2024 fand die erste Plenarsitzung (sc. die konstituierende Sitzung) des Thüringer Landtags statt.

Besser gesagt: Es sollte dabei der Landtagspräsident / die Landtagspräsidentin gewählt werden. Doch soweit kam es erst gar nicht.

Was war passiert?

Ziel dieser ersten Plenarsitzung heute sollte u. a. - wie gesagt - sein, den Landtagspräsidenten bzw. die Landtagspräsidentin zu wählen.

Welche Aufgaben hat diese(r)?

Dazu schreibt § 4 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags (Zitat):

§ 4

Aufgaben der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten

(1) Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident vertritt den Landtag und führt seine Geschäfte. Sie oder er wahrt die Würde und die Rechte des Landtags, fördert seine Arbeiten, leitet die Verhandlungen gerecht und unparteiisch und wahrt die Ordnung im Hause. Sie oder er übt das Hausrecht, die Ordnungs- und Polizeigewalt im Landtagsgebäude aus und entscheidet, ob eine Durchsuchung oder Beschlagnahme in den Räumen des Landtags vorgenommen werden darf. Sie oder er erlässt im Benehmen
mit dem Ältestenrat eine Hausordnung. Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident hat beratende Stimme in allen Ausschüssen.

(2) Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident beruft den Vorstand ein, legt die Tagesordnung fest und leitet seine Beratungen. Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist. Über die Beratungen des Vorstands werden Protokolle aufgenommen, in denen die Namen der Anwesenden, der Umstand der Beratungen und die Beschlüsse festgehalten werden. Die Protokolle werden von der Präsidentin beziehungsweise dem Präsidenten und einer Stellvertreterin beziehungsweise einem Stellvertreter unterzeichnet.

Zitat Ende.

Der mdr bringt das ganze Problem auf den Punkt (Zitat):

Bei der Wahl um den Landtagspräsidenten / der Landtagspräsidentin [...] "geht es um die Frage, wer Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl  vorschlagen darf. "Die stärkste Fraktion schlägt ein Mitglied des  Landtags für die Wahl zur Präsidentin beziehungsweise zum Präsidenten  vor", steht in der Geschäftsordnung. Und:  "Gewählt ist, wer die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält.  Ergibt sich keine solche Mehrheit, können für weitere Wahlgänge neue  Bewerberinnen beziehungsweise Bewerber vorgeschlagen werden." Die  AfD interpretiert dies so, dass ausschließlich die stärkste Partei -  das ist im neu gewählten Landtag die AfD selbst - Kandidatinnen und  Kandidaten vorschlagen darf. Die anderen Parteien sowie die Verwaltung  des Landtags interpretieren den Abschnitt dahingehend, dass, wenn die  Kandidatin oder der Kandidat der stärksten Fraktion keine Mehrheit  findet, auch andere Fraktionen Vorschläge machen dürfen."

Link und Quellenangabe:



Die eröffnende Plenarsitzung begann ordnungsgemäß:

Spätestens 30 Tage nach der Wahl tritt der Landtag zum ersten Mal zusammen. Die Wahlen in Thüringen fanden bekanntlich am 01. September 2024 statt. Um 12:02 Uhr begann dann heute jene erste Plenarsitzung.

In der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags in der Fassung ihrer Bekanntmachung vom 6. September 2021 heißt es wortgemäß (Zitat):

§ 1

 
Erste Sitzung des Landtags

 
(1) Der Landtag tritt spätestens am 30. Tage nach der Wahl zusammen. Zu der ersten Sitzung wird der Landtag von der bisherigen Präsidentin beziehungsweise dem bisherigen Präsidenten einberufen.

(2) Die erste Sitzung des Landtags leitet das an Jahren älteste oder, wenn es ablehnt, das jeweils nächstälteste Mitglied des Landtags, bis die neu gewählte Präsidentin beziehungsweise der neu gewählte Präsident oder deren Stellvertretung das Amt übernimmt.

(3) Die Alterspräsidentin beziehungsweise der Alterspräsident ernennt zwei Abgeordnete zu vorläufigen Schriftführerinnen beziehungsweise Schriftführern und lässt die Namen der Abgeordneten aufrufen.

(4) Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit wählt der Landtag die Präsidentin beziehungsweise den Präsidenten, die Vizepräsidentinnen beziehungsweise Vizepräsidenten und 18 Schriftführerinnen und Schriftführer und bildet einen Petitionsausschuss nach § 70 a.

 
 

Mit seinen 73 Jahren ist Jürgen Treutler das älteste Mitglied des Thüringer Landtags. Er darf von daher die erste Sitzung des Landtags leiten. Treutler ist AfD-Mitglied.

 
 
Das Prozedere der ersten Sitzung gemäß Geschäftsordnung des Thüringer Landtags verläuft demnach so:

1.) Zunächst ernennt der Alterspräsident zwei Abgeordnete zu vorläufigen Schriftführern und lässt die Namen der Abgeordneten aufrufen.

2.) Sodann ist die Beschlussfähigkeit des Landtags festzustellen.

3.) Im Anschluss daran wählt der Landtag den Landtagspräsidenten.

Am Donnerstag eröffnete der 73 Jahre alte AfD-Abgeordnete als Alterspräsident die Sitzung des Thüringer Landtags.
 
 
Jürgen Treutler beginnt die konstituierende Sitzung damit, eine Rede zu halten, ohne dabei die Beschlussfähigkeit des Thüringer Landtags überhaupt festgestellt zu haben.

Zur Beschlussfähigkeit des Landtags gehört es ggf. (!) / m. E. auch, dass das gesamte Parlament über die Geschäftsordnung - auch im Vorfeld zur Wahl des Landtagspräsidenten debattieren und auch abstimmen darf, sofern sich eine Mehrheit des Parlaments für eine Änderung der Geschäftsordnung auftun und finden würde ("Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung").

Andreas Bühl (CDU) weist dabei auf § 40 (2) der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags hin, wo es heißt:

(2) Wird vor Eröffnung der Abstimmung die Beschlussfähigkeit vom Sitzungsvorstand nicht einmütig bejaht oder von einer Fraktion bezweifelt, ist in Verbindung mit der Abstimmung die Beschlussfähigkeit durch Zählung der Stimmen festzustellen. Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident kann die Abstimmung auf kurze Zeit aussetzen.

Jürgen Treutler (AfD) entgegnet Andreas Bühl (CDU) mit § 31 (2) der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags, wo es heißt:
 
(2) Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident muss das Wort der beziehungsweise dem Fraktionsvorsitzenden oder der Vertretung im Amt unverzüglich erteilen. Eine Geschäftsordnungsmeldung während einer Rede kommt unmittelbar nach der Rede zum Aufruf.

Scheinbar hatte Jürgen Treutler die Eröffnung der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags mit einer parteilichen Rede eröffnet.

Die Entgegnung Treutlers mit § 31 (2) ist m. E. unpassend. § 31 (2) betrifft nicht die Beschlussfähigkeit des Landtags von Thüringen.

Dazu schreibt WELT (Zitat):

"Zuvor  hatte Treutler in seiner Rede die parlamentarische Gepflogenheit  betont, dass die stärkste Fraktion den Landtagspräsidenten stellt. Das  sei seit der Wiedergründung Thüringens nie infrage gestellt worden. Die  Menschen erwarteten, dass diese Gepflogenheiten geachtet würden, sagte  er. Die gewählten Parlamentarier seien gehalten, «das Wahlergebnis  nüchtern und sachlich zur Kenntnis zu nehmen» und den Willen des  Souveräns ernst zu nehmen. Er warnte vor einer Untergrabung der politischen Kultur. Mit Blick auf die Regierungsbildung sagte er,  es gebe eine «nicht zu übersehende Option» für eine stabile  parlamentarische Mehrheit. Die AfD landete bei der Landtagswahl vom 1.  September erstmals in einem Bundesland auf Platz eins.
Treutler  bezog sich in seiner Rede dann auf einen Zeitungskommentar, in dem die  hohe Wahlbeteiligung als Krisensymptom angesehen worden sei. Solche  Einlassungen würden zeigen, dass es «in gewissen Teilen der  politisch-medialen Elite eine offenkundige Verachtung des Volkes» gebe."

Zitat Ende.


 
 
Meines Erachtens ist Jürgen Treutler nicht im Recht. Der Alterspräsident (hier: Jürgen Treutler von der AfD) hat sich  hier m. E. nicht an die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags gehalten:

Er hat nicht das Recht, eine ausschweifige Rede zu Beginn der konstituierenden ersten Sitzung des Landtags zu halten.
 
Die Aufgabe des Alterspräsidenten ist zunächst, die Beschlussfähigkeit des Landtags überhaupt erst einmal festzustellen.

Der Alterspräsident hat dabei überparteilich zu wirken und zu agieren.

Er darf auf keinen Fall parteilich wirken, sein oder etwas Partei-Spezifisches ausführen.

Insofern hat hier Jürgen Treutler von der AfD grob gegen die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags verstoßen.

Jörg Hopfe, Direktor der Landesverwaltung versuchte Treutler an dieser augenscheinlichen Blockade der Demokratie zu hindern. Einmal trat er während einer erneuten Redefortsetzung des 73-jährigen AfD-Manns an dessen Seite und sagte für alle Abgeordneten und die Zuschauenden in den Livestreams hörbar: „Dies ist rechtswidrig.“



So fasst der Merkur die Situation im Thüringer Landtag zusammen (Zitat):

„Es war von Beginn an klar, dass es nach dem Ergebnis der Thüringen-Wahl nicht einfach werden wird. Zwar wurde die AfD stärkste Kraft, doch koalieren will keine Partei mit ihr. Nun trafen sich die Fraktionen zur ersten Sitzung und zur Wahl des Landtagspräsidenten. Doch im Landtag kommt es zum Eklat. In der Folge kündigte Alterspräsident Jürgen Treutler nach zahlreichen Unterbrechungen an, die Sitzung am Samstagmorgen fortzusetzen und setzte die Sitzung bis dahin aus.“
 

Zitat Ende.

Link und Quellenangabe:




So fasst Markus Wehner von der FAZ und Politischer Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Erfurt die Situation heute im Thüringer Landtag zusammen (Zitat):

„Es war der wahrscheinlich wichtigste Auftritt im politischen Leben von Jürgen Treutler. Am Donnerstag eröffnete der 73 Jahre alte AfD-Abgeordnete als Alterspräsident die Sitzung des Thüringer Landtags. Und er machte schnell klar, dass er nicht gedenkt, sich an bisherige Gepflogenheiten zu halten. Eigentlich erfüllt der Alterspräsident eine protokollarische Funktion, leitet kurz die Sitzung, bis ein Landtagspräsident gewählt ist. Doch Treutler nutzte die Sitzung für eine politsche Rede. Er warb offen für die Wahl eines AfD-Landtagspräsidenten. Andernfalls werde der Geist der Demokratie missachtet. Die politische-mediale Elite des Landes, so Treutler, verachte ohnehin den Willen des Volkes. Man darf annehmen, dass die Fraktionsführung um Björn Höcke ihm die Rede aufgeschrieben hatte. Schon vor der Sitzung hatte Treutler klargemacht, dass er deren Auffassung teilt. Das Vorgehen der anderen Parteien „wird uns als AfD bei weiteren Wahlen sehr helfen“, sagte er. Als Joker und „Ass im Ärmel“ seiner Fraktion war der AfD-Abgeordnete in den vergangenen Tagen bezeichnet worden. Denn die AfD besteht darauf, dass ihr als stärkster Fraktion das Amt des Landtagspräsidenten zusteht. Die anderen Parteien aber wollen keinen Hüter der Demokratie wählen, der aus einer Partei kommt, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird. CDU und BSW haben deshalb einen Antrag gestellt, die Geschäftsordnung zu ändern, in der die Sache bisher nicht eindeutig geregelt ist. Sie wollen, dass alle Fraktionen schon im ersten Wahlgang Kandidaten benennen können. Der gemeinsame Kandidat der anderen Parteien, der CDU-Abgeordnete Thadäus König würde dann gewählt. Die AfD vertritt aber die Haltung, dass vor der Wahl des Landtagspräsidenten ein Antrag zur Geschäftsordnung unzulässig ist. Die anderen Parteien sind der Meinung, ein solcher Antrag sei jederzeit möglich. Treutler verhinderte bis zum Donnerstagnachmittag, dass über den Antrag abgestimmt wurde, an die Tagesordnung wollte er sich nicht halten.“

Zur Person Jürgen Treutler schreit die FAZ:

„Der Diplomingenieur sitzt erstmals im Thüringer Landtag, nachdem er am 1. September mit 42,6 Prozent das Direktmandat im Wahlkreis Sonneberg I gewonnen hat. Es ist der Landkreis, in dem die AfD seit dem vergangenen Jahr ihren ersten Landrat stellt. In die AfD ist er 2017 eingetreten, weil er die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel ablehnte. Nach der Wende hatte er lange als Betriebsleiter der Stadtwerke Neustadt bei Coburg gearbeitet, dann als technischer Leiter für Bayern bei Eon. Der Vater von drei erwachsenen Kindern, der in zweiter Ehe verheiratet ist, ist auch Vorsitzender des Stadtrats in seinem Heimatort Sonneberg.“

Zitat Ende.

Link und Quellenangabe:

 


So fasst der Tagesspiegel die Angelegenheit heute im Thüringer Landtag zusammen (Zitat):

„Vier Stunden lang blockierte am Donnerstag der von der AfD gestellte Alterspräsident Jürgen Treutler absichtlich die erste Sitzung des neu gewählten Landtags, indem er sich weigerte, die Beschlussfähigkeit des Parlaments festzustellen. Trotz wiederholter Geschäftsordnungsanträge des parlamentarischen Geschäftsführers der CDU, Andreas Bühl, und später auch von SPD, Linken und vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) setzte er seine eigentlich schon abgeschlossene Rede immer wieder fort oder unterbrach mehrfach die Sitzung. In den Pausen stimmte sich Treutler zu seinem Vorgehen offensichtlich wiederholt mit der AfD ab, die in Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestuft worden ist. Selbst Landtagsdirektor Jörg Hopfe versuchte Treutler an dieser augenscheinlichen Blockade der Demokratie zu hindern. Einmal trat er während einer erneuten Redefortsetzung des 73-jährigen AfD-Manns an dessen Seite und sagte für alle Abgeordneten und die Zuschauenden in den Livestreams hörbar: „Dies ist rechtswidrig.“

Auch Bühl pochte hörbar auf die Rechte der Abgeordneten und rief in Richtung Treutler: „Was Sie hier betreiben, ist eine Machtergreifung.“ Parlamentarier von Linke, SPD und BSW sprachen von einer Einschränkung des freien Mandats aller Abgeordneten und von einer „Entmündigung des Parlaments“.

Bis zum frühen Abend verhinderte Treutler, dass das Parlament über einen Geschäftsordnungsantrag abstimmt, seine eigene Beschlussfähigkeit festzustellen. Zum eigentlichen Punkt der konstituierenden Sitzung, der Wahl einer neuen Präsidentin oder eines neuen Präsidenten des Landtages, kam es deshalb erst gar nicht.

Die CDU rief nach dem stundenlangen Drama schließlich das Landesverfassungsgericht an. Die Sitzung soll nun nach einer Eilentscheidung des Gerichts fortgesetzt werden, vermutlich am Sonnabend.“

Zitat Ende.

Link und Quellenangabe:


Und die Tagesschau fasst die Ereignisse im Newsblog so zusammen:

11:50 Uhr | Der Plenarsaal füllt sich
 
12:02 Uhr | Die Sitzung beginnt
 
12:11 Uhr | Sitzung unterbrochen
 
12:13 Uhr | Landtagsdirektor schaltet sich ein
 
12:17 Uhr | Alterspräsident setzt Eröffnungsrede fort
 
12:26 Uhr | Treutler reklamiert Amt des Landtagspräsidenten für die AfD
 
12:28 Uhr | Sitzung wird erneut unterbrochen
 
12:42 Uhr | Streit über Beschlussfähigkeit des Landtags
 
13:07 Uhr | Marx: "Traurige Hängepartie"
 
13:29 Uhr | Sitzung seit einer Stunde unterbrochen
 
13:32 Uhr | Es geht weiter
 
13:35 Uhr | Treutler unterbricht die Sitzung für 30 Minuten
 
13:49 Uhr | Kritik an Rede des Alterspräsidenten
 
14:15 Uhr | Treutler setzt Sitzung fort
 
14:21 Uhr | Sitzung wird zum vierten Mal unterbrochen
 
14:57 Uhr | Sitzung geht weiter - Viele Zwischenrufe
 
15:16 Uhr | Forderung: Zweitältester Abgeordneter soll Alterspräsident werden
 
15:23 | Parlamentarische Geschäftsführer wieder nach vorne gerufen
 
15:50 Uhr | Aussprache der Parlamentarischen Geschäftsführer
 
16:06 Uhr | Bühl wirft Alterspräsidenten Verfassungsbruch vor
 
16:28 Uhr | Sitzung bis Samstag unterbrochen
 
19:35 Uhr | CDU-Fraktion reicht Eilantrag bei Verfassungsgericht ein

Link und Quellenangabe:


Ausschnitte aus dieser doch recht unangenehmen ersten Plenarsitzung sind dem folgenden Youtube-Video mit dem Titel "Krise im Thüringer Landtag: "Was Sie hier treiben, ist Machtergreifung"" zu entnehmen:

Schwere Stunden also für die Demokratie in Thüringen!

Die Abgeordneten des Thüringer Landtags haben es heute nicht hingekriegt, einen Landtagspräsidenten zu wählen.

Die AfD als stärkste Fraktion im Thüringer Landtag beansprucht diesen Posten gemäß § 2 (2) der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags für sich!

Alles dreht sich nun um das Folgende:

Die Feststellung der Beschlussfähigkeit des Landtags hatte Jürgen Treutler von der AfD nicht vorgenommen.

Die  AfD besteht darauf, dass ihr als stärkster Fraktion das Amt des  Landtagspräsidenten zusteht. Die anderen Parteien aber wollen keinen  Hüter der Demokratie wählen, der aus einer Partei kommt, die vom  Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird. CDU  und BSW haben deshalb einen Antrag gestellt, die Geschäftsordnung zu  ändern, in der die Sache bisher nicht eindeutig geregelt ist. Sie  wollen, dass alle Fraktionen schon im ersten Wahlgang Kandidaten  benennen können. Der gemeinsame Kandidat der anderen Parteien, der  CDU-Abgeordnete Thadäus König würde dann gewählt. Die AfD vertritt aber  die Haltung, dass vor der Wahl des Landtagspräsidenten ein Antrag zur  Geschäftsordnung unzulässig ist. Die anderen Parteien sind der Meinung,  ein solcher Antrag sei jederzeit möglich. (zitiert nach: FAZ):


Zur  Beschlussfähigkeit des Landtags gehört es ggf. (!) / m. E. auch, dass  das gesamte Parlament über die Geschäftsordnung - auch im Vorfeld zur  Wahl des Landtagspräsidenten debattieren und auch abstimmen darf, sofern  sich eine Mehrheit des Parlaments für eine Änderung der  Geschäftsordnung auftun und finden würde bzw. findet ("Antrag auf Änderung der  Geschäftsordnung").

Andreas  Bühl verweist m. E. zurecht auf § 40 (2) der Geschäftsordnung des  Thüringer Landtags, wo es heißt (Zitat):

(2) Wird vor Eröffnung der Abstimmung die Beschlussfähigkeit vom Sitzungsvorstand nicht einmütig bejaht oder von einer Fraktion bezweifelt, ist in Verbindung mit der Abstimmung die Beschlussfähigkeit durch Zählung der Stimmen festzustellen. Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident kann die Abstimmung auf kurze Zeit aussetzen.

Fakt ist, dass die Beschlussfähigkeit des Thüringer Landtags von mehreren  Fraktionen des Landtags angezweifelt wurde! Es hätte zu einer Abstimmung kommen  müssen. Dem Antrag auf Abstimmung zur Änderung der Geschäftsordnung des  Thüringer Landtags hätte stattgegeben werden müssen.

Die  Wähler haben zwar den Landtag neu bestimmt. Sie haben Abgeordnete in den  Landtag gewählt, die das Recht haben, einen Antrag auf  Änderung der Geschäftsordnung einzubringen. Der Landtag als solcher hat zwar eine Konstitution ("Verfassung"). Der Landtag als solcher beginnt aber mit den vom Volk (dem Souverän) neu gewählten Abgeordneten. Wenn diese vom Volk gewählten Abgeordneten in Form auch nur einer einzigen (!) Fraktion der Meinung sind, der Landtag sei nicht beschlussfähig, dann kann meiner Auffassung nach der Alterspräsident nicht die Beschlussfähigkeit des Landtags feststellen, sondern muss den Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung zulassen.

Alles dreht sich demnach nun um die Frage der Beschlussfähigkeit des Thüringer Landtags gemäß § 40 der Geschäftsordnung, wo es heißt:

§ 40

Beschlussfähigkeit

(1) Der Landtag ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner  Mitglieder anwesend ist. Er gilt so lange als beschlussfähig, bis von  der Präsidentin beziehungsweise dem Präsident das Gegenteil festgestellt  wird.

(2) Wird vor Eröffnung der Abstimmung die Beschlussfähigkeit vom  Sitzungsvorstand nicht einmütig bejaht oder von einer Fraktion  bezweifelt, ist in Verbindung mit der Abstimmung die Beschlussfähigkeit  durch Zählung der Stimmen festzustellen. Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident kann die Abstimmung auf kurze Zeit aussetzen.

Bleibt nun erst einmal abzuwarten, wie das Landesverfassungsgericht diesen Fall beurteilt.

Am Samstag, dem 28. September 2024 soll die Sitzung im Thüringer Landtag fortgeführt werden.


Rainer Langlitz


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