Friedenskonferenz in der Schweiz im Juni 2024 sinnlos, da bedauerlicherweise ohne Beteiligung Russlands?

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Friedenskonferenz in der Schweiz im Juni 2024 sinnlos, da bedauerlicherweise ohne Beteiligung Russlands?

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Essays · Mittwoch, 05. Juni 2024 ·  11:30
Am 15./16. Juni 2024 soll in der Schweiz - genau genommen auf dem Bürgenstock, einem Schweizer Berg bei Luzern - eine Friedenskonferenz zum Russland-Ukraine-Krieg stattfinden.

Diese Friedenskonferenz wird von der Schweiz selbst organsiert.

Dazu schreibt der Spiegel am 26. Mai 2024 (Zitat):

"Mehr als 80 Delegationen werden im Juni in der Schweiz erwartet, um die  Möglichkeit eines Friedens in der Ukraine auszuloten. Präsident  Selenskyj hofft auf hochrangige Unterstützung, Russland ist nicht  vertreten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping zur Ukraine-Friedenskonferenz  im Juni in der Schweiz eingeladen. Selenskyj wandte sich am Sonntag in  einer Videobotschaft an Biden und Xi und bat sie darum, das Format mit  ihrer persönlichen Teilnahme zu unterstützen. Die Ukraine-Friedenskonferenz findet am 15. und 16. Juni in der Nähe  von Luzern am Vierwaldstättersee statt. Die Schweizer Regierung hat nach  eigenen Angaben 160 Delegationen eingeladen, Russland nimmt aber nicht  an der Konferenz teil. Nach Angaben von Selenskyj haben mittlerweile  mehr als 80 Länder ihre Teilnahme zugesagt."

Zitat Ende.


Die Hauptkriegs- bzw. konfliktparteien sind Russland und die Ukraine.
 
 
Das Problem bei dieser Konferenz wird sein, dass Russland gar nicht bei dieser Konferenz dabei sein wird.
 
 
Zur Abwesenheit Russlands bei dieser Konferenz gibt es zwei verschiedene Theorien:
 
 
a) Russland hat die Teilnahme von sich aus abgelehnt.
 
b) Russland wurde nicht eingeladen.
 
 
Dazu schreibt das RND (Zitat):

„Moskau. Russlands Präsident Wladimir Putin hat die für die Ukraine geplante Friedenskonferenz in der Schweiz kritisiert. Russland werde dorthin nicht eingeladen – gleichzeitig werde zugegeben, dass sich ohne Moskau nichts entscheiden lasse, sagte Putin bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Belarus‘ Machthaber Alexander Lukaschenko am Donnerstag. „Und weil wir dort nicht hinfahren, wird nun gesagt, dass wir Verhandlungen ablehnen. Das ist ein echtes Panoptikum“, sagte der Kremlchef. Am Mittwoch hatte allerdings die russische Botschaft in Bern mitgeteilt, dass Russland selbst bei einer Einladung nicht an dem Treffen teilnehmen würde.“
 
 
Zitat Ende.
 
   
 
 
Was bringt aber eine Friedenskonferenz, wenn einer der beiden Hauptkonfliktparteien gar nicht zur Sprache kommen kann?
 
 
Im Prinzip stellt dann lediglich die eine Seite ihre Vorstellung zur Beendigung des Krieges/des Konfliktes vor und diskutiert darüber.
 
 
Die Ansichten Russlands, die möglicherweise und sicherlich vorhandene Besorgnis Russlands über die militärische Annäherung der NATO und des US-amerikanischen Westens an Russland und die Lösungsstrategie Russlands werden damit auf dieser Friedenskonferenz sicherlich außen vor bleiben.
 
 
Die Fragen stehen im Raum:
 
 
  • Ist Russland verhandlungsbereit?

  • Wer stellt welche Bedingungen für die Beendigung dieses Krieges?

  • Was fordert Russland?

  • Was fordert die Ukraine?

  • Was fordert der Westen (NATO, EU, USA)?

  • Inwieweit versuchen die USA einen Keil zwischen Europa und Russland zu schieben?
 
 
Jede der beiden Konfliktparteien will natürlich ein Höchstmaß an eigenen Interessen durchsetzen.
 
 
Kaum signalisiert Russland Bereitschaft zu Friedensverhandlungen, sofort werden Russland schlechte Absichten unterstellt. Zitat aus FR vom 25. Mai 2024:

„Oleksandr Merezhko, Mitglied des ukrainischen Parlaments und Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, erklärte gegenüber dem Portal Newsweek, dass Putins angeblicher Vorschlag in Kiew wenig Rückhalt finden wird. Der russische Staatschef, so Merezhko, „braucht eine mehrjährige Atempause, um die Armee zu modernisieren und die Aggression gegen die Ukraine und den Westen fortzusetzen“.
 
 
Zitat Ende.
 
   
 
Welche Rolle spielt China bei diesem Krieg?

 
Dazu schreibt Wikipedia im Artikel „Chinesisch-Russische Beziehungen“ (Zitat):

„Chinas Haltung zu diesem Krieg ist geprägt vom Streben nach einer politischen Konfliktlösung im Sinne der friedlichen Koexistenz unter der Berücksichtigung der neuen geostrategischen Realitäten. In diesem Sinn hat China Anfang März in einem 12-Punkte-Programm einen Friedensplan für die Ukraine vorgelegt.[14] Im Mittelpunkt steht das Prinzip „Dialog statt Aufrüstung“. Der Konflikt soll schrittweise mit dem Ziel eines umfassenden Waffenstillstands deeskaliert werden. Damit werden zugleich die Bedingungen für eine politische Lösung geschaffen.
 

 
Die russische Invasion in die Ukraine 2022 wurde anfangs durch die chinesische Regierung offiziell weder gutgeheißen noch verurteilt. Bei den Abstimmungen im UN-Sicherheitsrat am 25. und 27. Februar 2022, die durch das Veto Russlands blockiert wurden, enthielt sich die Volksrepublik China, ebenso wie bei der Resolution ES-11/1 der UN-Generalversammlung vom 2. März 2022, die die russische Invasion verurteilte.

 
Insgesamt haben sich Russland und China seit dem russischen Überfall einander angenähert. China bezeichnet sich als neutral und gibt sich als Vermittler, obwohl es im Krieg eindeutig eine prorussische Position hat und Chinas Politiker und Diplomaten diese auf der Weltbühne vertreten. Zudem verbreiten die chinesischen Staatsmedien prorussische Propaganda.[15] Von chinesischer Seite wurde in offiziellen Verlautbarungen nicht von „Krieg“, sondern von der „Ukraine-Krise“ gesprochen, und zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes „auf Basis der UN-Charta unter Berücksichtigung legitimer Sicherheitsinteressen“ aufgerufen.[16] Chinesische Offizielle gaben wiederholt der NATO und den Vereinigten Staaten die Schuld am Ukraine-Konflikt. Der chinesische Staatschef Xi und Russlands Präsident Putin zeigten sich bei mehreren Treffen nach außen hin bemüht, ein herzliches Einvernehmen zu demonstrieren. Westliche Analysten konstatierten, dass Russland in der Krise in die Rolle eines Juniorpartners Chinas abgesunken, und aufgrund der westlichen Sanktionen ganz abhängig von Rohstoffexporten nach China und Technologieimporten aus China geworden sei. China habe letztlich kein größeres Interesse an der Ukraine, sondern unterstütze Russland vor allem aufgrund der gemeinsamen Gegnerschaft zu den Vereinigten Staaten, die China als Haupthindernis für den eigenen Aufstieg ansehe.[17]“
 

Zitat Ende.

   

Im Mai 2024 war Putin zu Besuch bei Chinas Staatspräsident, Xi Jinping.

 
Im Februar 2023 hat China seine Vorschläge für ein Ende des Krieges in der Ukraine veröffentlicht.

Was steht drin in dem Zwölf-Punkte-Plan?

 
  • Respekt für die Souveränität aller Staaten: Das allgemein anerkannte internationale Recht sowie die Charta der Vereinten Nationen gelte es "strikt" einzuhalten.
 
  • Kalte-Krieg-Mentalität aufgeben: Sicherheit eines Landes solle nicht angestrebt werden auf Kosten anderer.
 
  • Feindseligkeiten einstellen: Alle Parteien sollen "rational bleiben und Zurückhaltung üben" und nicht den Konflikt befeuern.
 
  • Wiederaufnahme von Friedensgesprächen: Dialog und Verhandlungen seien die einzige gangbare Lösung für die Ukraine-Krise.
 
  • Die humanitäre Krise lösen: Alle Maßnahmen, die zur Linderung der humanitären Krise beitrügen, "müssen ermutigt und unterstützt werden".
 
  • Zivilisten und Kriegsgefangene schützen: Alle Parteien im Konflikt sollten sich an das internationale Recht halten und Angriffe auf Zivilisten vermeiden, ebenso wie auf zivile Infrastruktur.
 
  • Atomkraftwerke sichern: China lehne bewaffnete Angriffe gegen AKW ab.
 
  • Strategische Risiken reduzieren: Nuklearwaffen dürften nicht eingesetzt werden und Atomkriege dürften nicht gekämpft werden.
 
  • Getreideexporte erleichtern: Alle Parteien sollten das Schwarzmeer-Abkommen umsetzen.
 
  • Stopp der einseitigen Sanktionen: Einseitige Sanktionen und maximaler Druck könnten das Problem nicht lösen, diese erzeugten nur neue Probleme.
 
  • Lieferketten stabilisieren: Alle Parteien sollten das existierende Welthandelssystem bewahren und die Weltwirtschaft nicht als Waffe für politische Zwecke einsetzen.
 
  • Wiederaufbaupläne: Die internationale Gemeinschaft solle Maßnahmen ergreifen, um nach dem Konflikt in den betroffenen Zonen Wiederaufbau zu leisten.


Russland sucht in China einen Verbündeten.

Vom sog. Westen wird Russland weitestgehend isoliert.

Dass man nun in der Schweiz im Juni 2024 zu einer Friedenskonferenz zusammenkommen möchte, ohne dass Russland bei dieser Konferenz beteiligt ist, ist natürlich nicht gut und wird nicht den gewünschten Erfolg, nämlich eine rasche Beendigung dieses Krieges, mit sich bringen.

Es könnte in einem der schlimmeren Möglichkeiten so kommen, dass der derzeitige Stellungskrieg in der Ukraine noch monatelang andauern könnte.

Dies kann jedoch nicht im Interesse beider Kriegsparteien sein!

Deswegen muss es bald zu einem Ende dieses Krieges kommen.

Die eskalierende Kriegsrhetorik muss zugunsten einer Deeskalation eingeschränkt bzw. beendet werden. Doch nicht nur die Rhetorik, sondern es muss tatsächlich ein Kompromiss gefunden werden, der für beide Seiten (West und Ost) akzeptabel ist.

Das nukleare Säbelrasseln ist beängstigend und kann einem tiefe Sorgen bereiten.

Allein aus diesem Grund muss ein Kompromiss gefunden werden, wenn auch dieses Mittel von Russland möglicherweise als Erpressungsversuch bzw. als Druckmittel missbraucht wird.

Natürlich ist auch das Leid der Menschen in der Ukraine zu beklagen! Keine Frage!

Wahrscheinlich ist es so, dass es bei fast jedem Krieg auch um wirtschaftliche Interessen geht.

Russland hat jedoch zurecht betont, dass es sich vom Westen (NATO, EU, USA) in der Frage der NATO-Osterweiterung übergangen fühlt. Auch die Frage der Stationierung von Raketenbasen direkt an der Grenze zu Russland spielt dabei für Russland eine bedeutende Rolle.


Dr. Gregor Gysi hat diese Zusammenhänge in einer Rede im Deutschen Bundestag bereits 2014 auf hervorragende Weise dargestellt:

Link zur Rede von Gysi - veröffentlicht am 13. März 2014:


Als Beschreibung zu diesem Video lesen wir (Zitat):

"Der Westen muss die legitimen Sicherheitsinteressen Russlands auf der Krim anerkennen - wie das übrigens auch US-Außenminister Kerry erkannt hat. Es muss ein Status für die Krim gefunden werden, mit dem die Ukraine, Russland und wir leben können. Russland garantiert werden, dass die Ukraine nicht Mitglied der NATO wird. Die Perspektive der Ukraine liegt in einer Brückenfunktion zwischen EU und Russland. Es muss in der Ukraine ein Prozess der Verständigung und Versöhnung zwischen Ost und West eingeleitet werden - vielleicht über einen föderalen oder konföderalen Status, vielleicht auch über zwei Präsidenten. Was ich der EU und der NATO vorwerfe: Bis heute ist kein Verhältnis zu Russland gesucht und gefunden worden. das muss sich jetzt gründlich ändern. Sicherheit in Europa gibt es weder ohne noch gegen Russland, sondern nur mit Russland. Und wenn die Krise eines Tages überwunden ist, könnte ein Vorteil darin bestehen, dass das Völkerrecht endlich wieder von allen Seiten respektiert wird."

Zitat Ende.

Was sind eigentlich die Forderungen der Ukraine und Russlands?

Dazu schreibt das RND (Zitat):

"In der neutralen Schweiz soll am 15. und 16. Juni unter anderem auch über die sogenannte Friedensformel des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verhandelt werden. Der hatte einen Rückzug der russischen Truppen aus allen besetzten Gebieten der Ukraine gefordert. Moskau hingegen beharrt auf einem Frieden zu seinen Bedingungen. Das schließt den Einbehalt der bisherigen Eroberungen, den Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt und eine schlagkräftige Armee ein. Hinzu kommen möglicherweise weitere Forderungen nach Gebietsabtretungen an Russland."

Zitat Ende.


Auch wenn Russland dieser Konferenz am 15./16. Juni 2024 fern bleiben sollte, so hoffe ich trotzdem, dass die beteiligten Nationen die Interessen, Ansichten und Sorgen Russlands berücksichtigen werden.

Wir müssen uns über Folgendes im Klaren sein:

Die Voraussetzung für die Wiedervereinigung zwischen DDR und BRD nach dem Zweiten Weltkrieg war, dass die damalige Sowjetunion ihre Bereitschaft signalisierte, ihre Truppen aus der DDR komplett und ohne Gewalt abzuziehen. Dem war die Sowjetunion zu 100 % nachgekommen. Auf diese Bedingungen war die Sowjetunion zu 100 % eingegangen. Die Sowjetunion hatte diese Voraussetzung zu 100 % erfüllt.

Anders der Westen: die NATO und die USA.

Auf diesen Zusammenhang hat der Historiker, Dr. Daniele Ganser, in einem Vortrag vom 02. September in Basel hingewiesen:


Als Beschreibung zu diesem Video lesen wir (Zitat):

"Warum ist in der Ukraine ein Krieg ausgebrochen? Und welche verdeckte Rolle spielen die USA? Darüber sprach der Schweizer Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser am 2. September 2023 in Basel. Ganser zeigt in seinem Vortrag, dass die BRICS-Staaten ganz anders auf den Konflikt schauen als die NATO-Staaten. Die BRICS-Staaten lehnen die Vorherrschaft der USA ab und beteiligen sich nicht am Wirtschaftskrieg gegen Russland.  Ganser blickt zurück auf die russische Invasion vom 24. Februar 2022. Weil diese gegen das UNO-Gewaltverbot verstösst gibt Ganser Russlands Präsident Putin dafür eine rote Karte. Aber auch die USA erhalten mehrere rote Karten: Eine an Präsident Clinton für die NATO-Osterweiterung ab 1999, welche ein Wortbruch gegenüber Russland war. Eine für Präsident Bush für die Einladung an die Ukraine NATO-Mitglied zu werden 2008. Und eine für Präsident Obama und den damaligen Vizepräsidenten Biden für den Putsch in Kiew von 2014, welche die Ukraine ins Chaos stürzte und einen Bürgerkrieg auslöste. Auch Präsident Selensky erhält eine rote Karte, weil er nach seiner Wahl 2019 den Bürgerkrieg nicht beendet hat. Bundeskanzler Scholz und Aussenministerin Baerbock erhalten rote Karten, weil sie Deutschland in einen gefährlichen Krieg mit Russland geführt haben indem sie Waffen an Selensky liefern und ukrainische Soldaten in Deutschland ausbilden. Auch der Schweizer Bundesrat Cassis erhält eine rote Karte, weil er die Neutralität der Schweiz aufgegeben hat und sich am Wirtschaftskrieg gegen Russland beteiligt, genau wie Kanzler Nehammer in Österreich."

Zitat Ende.

Dabei referiert Ganser ca. ab Minute 28 in diesem Video, dass die NATO bei der Wiedervereinigung Deutschlands ihr Versprechen Russland gegenüber gegeben hatte, sich keinen weiteren Zentimeter nach Osten auszudehnen.

Dieses Versprechen der NATO und der USA wurde knallhart von der NATO und der USA selbst gebrochen, indem sich die NATO eben doch nach Osten in Richtung Russland ausgedehnt hat.

Diese geschichtlichen Zusammenhänge müssen (!) bei zukünftigen Verhandlungen auf jeden Fall berücksichtigt werden und mit auf den Konferenz- und Verhandlungstisch!

Russland fühlt sich also zu einem Großteil übergangen und natürlich auch bedroht - vom Westen!

Es ist u. a. die Forderung Russlands, dass die Ukraine nicht der NATO beitritt.

Rainer Langlitz  


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