Demokratie in Gefahr? Und wenn ja, wodurch? Wodurch definiert sich gute Politik?
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Essays · Mittwoch, 04. September 2024 · 5:45
Ist unsere Demokratie in Gefahr? Und wenn ja, wodurch?
Ist jene Gefahr für unsere Demokratie ...
a) eher bedingt durch die Wähler, die ggf. eine extreme Partei am Rand des Parteienspektrums wählen
b) eher bedingt durch extreme Parteien, die ggf. von den Wählerinnen und Wählern gewählt werden können
c) eher bedingt durch Politiker, die ggf. die Wahlentscheidung des Wählers unmittelbar nach der Wahl ignorieren
d) eher bedingt durch Politiker, die ihrem Mandat während einer Legislaturperiode nicht gerecht werden
e) eher bedingt durch eine eingeengte Anzahl an Parteien infolge des Verbotes von extremen Parteien, wodurch die Tendenz zu einem "Einheitsbrei" an Parteien entsteht, die sich gar nicht mehr voneinander unterscheiden, so dass wir irgendwann ein ähnliches System wie in den USA hätten, wo nur noch die Wahl zwischen zwei "Blockparteien" besteht, was ich für problematisch halte
?
Damit schließt sich die Frage an, was eigentlich gute Politik ausmacht:
Was sind die Kriterien für gute Politik?
Am 22. September 2024 droht der Ampelregierung in Berlin das nächste Debakel (Niederlage / unglücklicher Ausgang) angesichts/gemäß der Wahlumfragen (Dawum z. B. vom 06.08.2024):
Demnach liegt
AfD bei ca. 24%.
SPD bei ca. 20 %
CDU bei ca. 19%
BSW bei ca. 17%
Grüne und Linke müssen um den Einzug in den Landtag bangen.
FDP ist sehr wahrscheinlich raus!
Eins scheint klar:
Die Grünen sind extrem unbeliebt: sie verlieren 2%-Punkte.
Von diesen drei Bundesländern im Osten (Thüringen, Sachsen, Brandenburg) geht ein klares Signal aus:
Die Wählerinnen und Wähler wollen mehr AfD!
Sie lehnen die Politik der Grünen ab!
Sie halten die FDP für überflüssig! Nur 2% der Wählerinnen und Wähler gab/gibt der FDP noch eine Stimme.
Es bliebe zu analysieren, warum die Wählerinnen und Wähler verstärkt eine Partei wie die der AfD wählen bzw. gewählt haben.
Nimmt die etablierte Politik keine Kurskorrektur vor, so ignoriert und bestraft sie erneut den Willen der Wählerinnen und Wähler.
Wenn Demokratie tatsächlich Herrschaft des Volkes bedeutet und der Wähler tatsächlich der Souverän ist, und wenn in zwei bzw. fast drei Bundesländern (Thüringen und möglicherweise Brandenburg und fast Sachsen) eine angeblich rechtsextreme Partei stärkste Kraft wird und dieser Wille des Wählers dann aber ignoriert wird, dann geht tatsächlich nicht mehr die Macht vom Volk aus, sondern von den herrschenden Politikern:
In Thüringen, wo die AfD mit Abstand stärkste Partei wird, bekommt trotzdem die CDU den Auftrag, eine Regierung zu bilden und nicht etwa die AfD.
Bedeutet das etwa nicht, dass man den Wähler ignoriert, ja sogar bestrafen will (siehe Bettina Schausten am Wahlabend des 01. September 2024 und ihr Vergleich mit dem 01. September 1939).
Fühlt sich der Wähler hier etwa nicht betrogen bzw. nicht ernst genommen?
Und noch Eins scheint festzustehen:
Die Politiker richten ihre Politik schon lange nicht mehr nach dem Willen ihrer Wählerinnen und Wähler aus, sondern nach ganz anderen Gesichtspunkten.
Die Politiker meinen, es besser zu wissen als der Wähler.
Die Politiker lassen sich eher von Lobbyisten und der Industrie bestimmen als von den Wählerinnen und Wählern.
Kurz vor den Wahlen wird wieder Wahlkampf betrieben, wo man hinter der Stimme eines jeden Wählers hinterher ist, wie die Katze hinter einer Maus, die die Katze fressen will.
Im Grunde genommen ist die Demokratie möglicherweise Politikern ohnehin vielmehr ein Dorn im Auge, wie es einst Prof. Rainer Mausfeld in einem Interview zum Ausdruck brachte:
Bezugnehmend auf den Eingang dieses Aufsatzes, fragen wir also, wodurch unsere Demokratie also eher in Gefahr gerät, geraten ist oder noch stärker geraten wird.
Es scheint tatsächlich so zu sein, dass Demokratie dadurch stark in Gefahr gerät, dass der Wille des Wählers durch die Politiker ignoriert wird.
Man hat seitens der etablierten Politik (hier: Politik der Mitte) stärkste Befürchtungen vor extremen Parteien. Man überlegt sogar, eine Partei wie die AfD verbieten zu lassen. Die etablierte Politik scheint nicht zu verstehen, was es bedeutet und welche Folgen es hat, wenn sie während einer Legislaturperiode jeweils eine völlig andere Politik macht, als sie vom Willen der Wählerinnen und Wähler vorgegeben war und wenn sie also insofern den Willen der Wählerinnen und Wähler mehr oder weniger ignoriert. Politik darf sich dann nicht wundern, wenn die Wählerinnen und Wähler bei der nächsten Wahl sozusagen nochmals extremer wählen im Sinne dessen, dass eine extreme Partei noch mehr Stimmen erhält.
Insofern ist also die Ignoranz der regierenden Politikerinnen und Politiker sicherlich eine sehr große Gefahr für das Fortbestehen unserer Demokratie, denn:
Mit jener beschriebenen Ignoranz erreichen jene Politikerinnen und Politiker genau das, was sie ja eigentlich zu verhindern versuchen, nämlich, dass eine extreme Partei zu stark wird, indem sie zuviele Stimmen bei einer Wahl erhält.
Katja Hoyer (geb. 1985; Historikerin und Autorin) sieht eine Gefahr kommen durch Punkt c (siehe oben): Sie sagt in einem Interview (bei "hart aber fair" vom 26.08.2024 mit dem Titel "Nach dem Attentat, vor den Wahlen: Welche Folgen hat der Angriff von Solingen?"), dass die etablierten Politiker und Parteien quasi ihren Willen auf die Wählerinnen und Wähler auflegen und ihnen sagen: "Es ist so gefährlich, die AfD zu wählen. Ihr könnt/dürft sie gar nicht wählen - egal, was wir hier machen." Damit zeigt sich die etablierte Politik immun gegen den Willen der Wählerinnen und Wähler im Sinne eines Anti-Demokratie-Verständnisses. Hoyer tendiert damit zur Aussage, dass eine Gefahr für unsere Demokratie ausgeht, indem die etablierten Politikerinnen und Politiker die Wahlentscheidung sowohl unmittelbar nach der Wahl als auch während der Legislaturperiode ignorieren.
Zu Katja Hoyer vgl. folgendes Short-Video bei YouTube:
Es ist verständlich und damit logisch, dass diese Ignoranz - ausgeübt durch die etablierte Politik - zu noch größerem Stimmenzuwachs bei extremen Parteien führt.
Jenes Verhalten jener Politiker, die versuchen, Demokratie zu sichern, indem sie den Wahlausgang von Thüringen z. B. ignorieren und nicht mit der AfD zu kooperieren bereit sind, führt im Endeffekt sehr wahrscheinlich genau dazu, dass bei weiterer Ignoranz bei der nächsten Wahl der Stimmenzugewinn jener extremen Partei nochmals größer sein wird. Damit wird das Verhalten jener etablierten Politiker und Parteien ad absurdum geführt: sie erreichen mit ihrem Verhalten, nach dem sie die Demokratie schützen wollen, genau das Gegenteil: sie gefähren womöglich die Demokratie, denn sie bewirken und provozieren mit ihrem Verhalten möglicherweise, dass jene extreme Partei bei der nächsten Wahl absolute Mehrheiten erlangt.
Rainer Langlitz
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