Annette Kurschus und ihre Aussage zum Russland-Ukraine-Krieg oder von der Unsinnigkeit der Vermischung von Politik und Religion

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Annette Kurschus und ihre Aussage zum Russland-Ukraine-Krieg oder von der Unsinnigkeit der Vermischung von Politik und Religion

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Essays · Dienstag, 14. November 2023 ·  7:30
Was bedeutet für mich Trennung von Kirche und Staat bzw. von Religion und Politik?

Zunächst muss zum Ausdruck gebracht werden, dass es immer noch erhebliche Vermischungen von Kirche und Staat bzw. von Politik und Religion gibt.

Als Beispiele seien genannt:

  • Krankenhäuser, die sich in kirchlichen Händen befinden.

  • Kirchensteuer, die über den Staat eingezogen wird.

  • Kindergärten, die sich in kirchlicher Trägerschaft befinden.

  • Pfarrer bei der Bundeswehr (Militärseelsorger).

Darüberhinaus scheut die röm.-kath. Kirche es auch nicht, Soldaten zu segnen.


Einmal abgesehen von der Segnung von Waffen.


Dieses Phänomen wird leider Gottes in vielen islamisch geprägten Ländern noch gravierender.

Bleiben wir aber beim Christentum:

Sollte "die" Kirche ein eindeutiges Wort zu Kriegen sagen, nämlich ein generelles "Nein" oder sollte sie zu Kriegen eine quasi "synthetische" Antwort geben à la Annette Kurschus, wenn diese in Bezug auf den Russland-Ukraine-Krieg in etwa so argumentiert:

"Einsatz von Waffen nur für Ende der Gewalt".


Es tut mir leid! Ich halte diese Einstellung einer Vorsitzenden des Rates der EKD für falsch und vergleiche diese Einstellung mit der 180°-Wende der Grünen.

Aber die beiden großen Kirchen lagen m. E. schon einmal (bzw. schon oft) falsch, als sie (katholisch wie evangelisch) die COVID-19-Injektion (m. E. zu Unrecht) befürworteten.

Wenn man also schon mit einem Text aus der Bergpredigt argumentieren will, würde dann also Frau Annette Kurschus auch hinzufügen:

"Selig, die Frieden schaffen - zur Not auch mit Waffen!"

?

"Die" Kirche geht hier einen "anbiedernden" Weg mit der "herrschenden" Politik.

Annette Kurschus rechtfertigt hierbei und damit als Christin diesen Krieg. Sie sagt damit:

"Ja, die Ukraine hat das Recht, sich mit Waffen zu verteidigen und zur Wehr zu setzen!"

Politisch ist dies korrekt!

Im christlichen Sinne halte ich diese Aussage jedoch für sehr problematisch!

Ich höre aus ihren Worten nicht heraus, dass es ratsam wäre, Blutvergießen zu vermeiden, die Waffen ruhen zu lassen und alles Menschen-Mögliche zu tun, um zu Verhandlungen, ja zu einem Frieden zu kommen für die Menschen!

Stattdessen sagt sie in etwa:

"Schießt zurück!"

Biblisch ist das keineswegs!

Nun gut! Sie hat ja sogar wahrscheinlich recht im politischen Sinne!

Nur das eigentliche Problem ist: Annette Kurschus versucht hier, als Christin zu argumentieren. Frau Kurschus und viele andere von "der" Kirche argumentieren mit der Bibel (hier: mit dem Friedfertigkeitssatz der Bergpredigt) und heißen kriegerische Handlungen im Zusammenhang mit Verteidigung für gut. Und das ist im christlichen Sinne aus meiner Sicht falsch.

Die Begründung dafür ist die folgende:

Man sollte genau überlegen, wann man mit "der" Bibel argumentiert. Was ist denn die Bibel?

a) eine Handlungsanweisung für uns Menschen für alle Lebzeiten?

b) ein Sammelsurium von Aussagen von Menschen, wie sie sich Gott vorstellen?

c) ein allgemeines Glaubensdokument des sog. Juden- und Christentums?

d) ein "Zankapfel" ... ein Buch mit Widersprüchen... ein Buch ähnlich den Märchenerzählungen im positiven Sinne...?

Was würden Sie am ehesten zutreffend finden?

Die Frage der Selbstverteidigung aus christlicher Sicht steht im Raum!

Vgl. dazu meinen Aufsatz vom 10. Februar 2023 mit dem Titel:

"Zum Umgang mit der Bibel oder die Frage: „Ist einem Christen physische Selbstverteidigung erlaubt?""


Man sollte sich entscheiden:

1.) Möchte man als gläubiger Kirchenmann bzw. als gläubige Kirchenfrau predigen im Sinne der Bibel?

2.) Möchte man als politisch denkender Mensch argumentieren?

3.) Möchte man "Wischi-Waschi" argumentieren, indem man Politik und Bibel vermischt?

Die oftmals zitierte neutestamentliche Aussage aus der Bergpredigt, die angeblich von Jesus stammt bzw. Jesus in den Mund gelegt wird: "Selig sind die Friedfertigen..." "Selig sind, die Frieden stiften" und viele andere Passagen aus der Bibel sind deswegen zu "geflügelten" Worten geworden, weil und indem sie von der Entscheidung für eine (!) Seite sprechen: die Aussagen der Menschen in der Bibel sind eben nicht "Wischi-Waschi", sondern radikal.

Dafür brauche ich sicherlich keine Belege zu geben, oder doch?

>>Eure Rede sei "ja" oder "nein"!<<

>>Wenn dir einer auf die linke Wanke schlägt, dem halte auch die rechte hin!"<<

Oder nehmen wir als dritten Beleg die Stelle von der Feindesliebe:

>>Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen!"

Um es abschließend noch einmal klar zu sagen und auf den Punkt zu bringen:

Es ist äußerst problematisch aus meiner Sicht, weltliche und biblische Dinge zusammen zu werfen, zusammen bringen und synthetisieren zu wollen.

Die Bibel resp. das Neue Testament spricht unter dem Aspekt des sog. anbrechenden "Reiches Gottes". Dieses lässt nun allerdings schon 2000 Jahre auf sich warten.

Nochmal pointiert:
Man sollte entweder auf der Basis der Bibel predigen oder wie ein Politiker argumentieren.

Beides geht m. E. nicht! Ansonsten begibt man sich auf die Stufe wie jemand von den "Zeugen Jehovas" oder von einer anderen dubiosen Sekte.

Und ich füge noch ein weiteres hinzu:

Selbst wenn man mit "Jeremia und den Propheten" an dieser Stelle argumentieren wollte, wird es nicht sinnvoller, und zwar aus mindestens zwei Gründen:

1.) Bei Jeremia wird zwar bekanntlich eine Synthese aus Politik und Religion sichtbar.

Aber es gibt mindestens seit Bismarck (Ende 19. Jh.) aus guten Gründen eine Trennung von Staat und Religion, sprich eine Trennung von religiösen und von politischen Dingen.

2.) Der in der Bibel enthaltene Monotheismus ist wiederum mindestens aus drei Gründen problematisch:

a) Der Monotheismus erklärt theologisch nicht das Leiden Unschuldiger ("Theodizee").

b) Der Monotheismus selbst hat Leiden verursacht. Als Beleg dafür seien genannt:
---> Psychisches Leid à la Tilman Mosers Buch "Gottesvergiftung" (https://de.wikipedia.org/wiki/Gottesvergiftung).

---> falsche Sexualmoral durch die Adaption der platonischen Lehre der Trennung von Leib und Seele, was eine extreme Sexualfeindlichkeit besonders innerhalb der röm.-kath. Kirche zur Folge hatte (vgl. dazu den Philosophen Herbert Schnädelbach, in: "Wenn es das Christentum nicht gegeben hätte ...") Link: https://www.youtube.com/watch?v=dZqkWXZZbRw

c) Die Ansicht, Gott habe sich offenbart, hat zu vielen Religionskriegen und zu religiös motivierter Gewalt damit zum unnötigen Tod von Millionen von Menschen geführt.

Als Beispiele für 2.c) seien genannt:

  • Kreuzzüge (12./13. Jahrhundert).
  • Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648).
  • Terrorakte in Irland
  • Und letztendlich könnte sogar der Krieg zwischen Palästinensern und Israelis, der am 07. Oktober 2023 angefangen hat, auf religiöse Motive zurück geführt werden.

Ich würde nun behaupten wollen, dass es gänzlich keinen Sinn macht, auf der Ebene der Bibel in Form einer Synthese aus Religion und Politik zu argumentieren und dann Sätze zu zitieren à la:

"SELIG SIND, DIE FRIEDEN STIFTEN."

Man sollte sich m. E. entscheiden, ob man sich religiös oder politisch äußert.

Eine Mischung - um es nochmals klar zu formulieren - ist bei genauerem Hinschauen in den meisten Fällen problematisch.

Und wer will schon eine "weichgespülte" Bibelaussage?

Schon Jesus sagte: Predigt richtig/eindeutig, sonst verliert das Wort der Bibel an Gehalt/an Wert!

Man könnte sagen:

Jesus wollte keine Vermischung von Religion und Politik:

(Vgl. dazu den Vergleich von Wort und Salz).


Vielleicht kann es auf Grundlage dieses Kommentars zu einer weiterführenden Diskussion kommen.

Zusammengefasst könnte man nämlich diesen Blogbeitrag unter den folgenden drei Fragen diskutieren:

1.) Welchen Sinn machen überhaupt religiöse Aussagen?

2.) Welchen Sinn macht es, mit der Bibel zu argumentieren?

3.) Wie sinnvoll sind monotheistische Religionen bzw. monotheistische Aussagen?

Zur Diskussion seien folgende Gedanken gegeben:

Wofür brauchen wir, nachdem es einen Immanuel Kant im 18./19. Jahrhundert gegeben hat, noch eine Kirche bzw. Religionen?

1.) Aus Angst vor dem Tod und für eine christliche Bestattung?

2.) Für den Heiligabend, weil es aus Tradition dazu gehört, am Heiligabend 1x im Jahr in den Gottesdienst zu gehen?

3.) Als diakonische Einrichtung?

4.) Für ein Seelsorgegespräch?

Hmmm.

Als Ersatz gibt es für
1.) freie Trauerredner.

2.) lächerlich 1x im Jahr die Kirche von innen zu sehen...und dann stürzt vielleicht auch noch das Dach der Kirche ein...

3.) die Tafeln ("Menschen helfen Menschen "), Obdachlosenheime, Sozialarbeiter etc.

4.) Dipl.-Psychologen und Psychiater.

Ich würde sagen:

Gott wird benötigt!

Menschlichkeit wird benötigt!

Eine Ethik des kategorischem Imperativs - so gut es geht! - wird benötigt!

Soziale Kompetenz wird benötigt!

Gerechtigkeit, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit werden benötigt.

Was noch?

Vieles ... aber Religion?

Brauchen wir noch mehr Religion... noch mehr Monotheismus... noch mehr Fanatismus?

Nein...

Der Mensch sucht nach sich, nach Gott und nach vielem. Das ist die eigentliche immaterielle und immer vorhandene "Religion".

Die Suche beinhaltet die Religion.

Die Kirchen sagen aber aufgrund der Bibel:

"Das ist Gott! So ist Gott!"

Ich stattdessen frage:

Wer oder was könnte Gott sein?

Das erstere ist und wird zu einer "diktierenden" und autoritären Religion.

Das zweitere beinhaltet eher eine Philosophie mit der Antwort auf die Frage nach Gott:

"Gott ist Gott."

Mehr braucht es nicht, und mehr müssen wir auch nicht ergründen.

Alles andere darüber hinaus ist reine Spekulation und damit Metaphysik, die sich nicht beweisen lassen.

Rainer Langlitz


Bildnachweis: Das Photo dieses Blogbeitrags wurde käuflich erworben bei WebSite X5 pro. Es trägt den Titel: "Church and Politics, Should be Separate? Yes or No. On office Background." (ID: 324864844).


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