Theologie und Rechtsstaat im Widerspruch? Zur Causa Olaf Latzel vor dem Landgericht Bremen

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Theologie und Rechtsstaat im Widerspruch? Zur Causa Olaf Latzel vor dem Landgericht Bremen

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Essays · Mittwoch, 18. Mai 2022 ·  20:45
Vorweggenommene Meinung meinerseits, die ich hier im Folgenden gerne begründet darstelle:
 

Von dem Gerichtsurteil des Landgerichts Bremen in der Causa Olaf Latzel wird eine Signalwirkung ausgehen.

Die Problematik der Kirche und ihrer Mitarbeiter wird u. a. von dem Aspekt der Pädosexualität bzw. der Pädophilie und des damit verbundenen Kirchenskandals ersichtlich. Es wird seit Jahren ausführlich darüber gesellschaftlich diskutiert.

Weiterhin wäre das Problem der Anwendung von Exorzismen zu nennen.

Nicht zuletzt macht sich die problematische Einstellung der Kirche und ihrer Mitarbeiter an ihrer Einstellung zur Homosexualität deutlich. Die Einstellung der Kirche und ihrer Mitarbeiter ist nicht etwa wegen ihrer vorhandenen Schrift (Bibel) und der damit verbundenen Theologie heilig. Die Mitarbeiter der Kirche sind in ihrer Amtshandlung nicht immun dem staatlichen Gesetz gegenüber, sondern sie müssen sich genauso an das staatliche Gesetz halten wie alle anderen Menschen auch. Menschen, die sexuell gleichgeschlechtlich empfinden, waren und sind immer noch teilweise Unverständnis und Hass ausgesetzt bis hin dazu, dass man ihnen den Tod wünscht oder sie sogar mit dem Tod bestraft, wie es immer noch in manchen muslimischen Ländern juristischer Usus ist.

 
Das Signalurteil des Landgerichts Bremen wird zum Ausdruck bringen, ob auch die Kirche ihre Haltung in Sachen Homosexualität ändern muss, denn es kann nicht angehen, dass wir innerhalb des Rechtsstaates im 21. Jahrhundert ein kirchliches Gericht innerhalb des weltlichen Gerichtes haben. Theologie, Kirche, Bibel und bestimmte Formen der Religion müssen hierbei in ihre Schranken gewiesen werden. Die Signalwirkung wird auch dahin gehen, ob homosexuelle Menschen weiterhin fürchten müssen, dass sie Hass und Unverständnis nicht nur im Raum der Kirche, sondern im Bereich der Religion allgemein ausgesetzt sind.

 
Herr Olaf Latzel hat sich auch und gerade als Pastor an die geltenden Gesetze zu halten. Wenn er nun bei einem Ehegespräch bzw. in Predigten von der Kirchenkanzel solche problematischen Sätze verbreitet, dann hat er sich besonders schuldig gemacht, denn er hat in öffentlicher Weise zum Hass gegen homosexuelle Menschen aufgerufen, indem er die Ansichten der Bibel für wahr und angemessen hält.
 

Nochmals:
 

Die Einstellung der Kirche und ihrer Mitarbeiter ist nicht etwa wegen ihrer vorhandenen Schrift (Bibel) und der damit verbundenen Theologie heilig. Menschen, die sexuell gleichgeschlechtlich empfinden, waren und sind immer noch teilweise Unverständnis und Hass ausgesetzt bis hin dazu, dass man ihnen den Tod wünscht oder sie sogar mit dem Tod bestraft, wie es immer noch in manchen muslimischen Ländern juristischer Usus ist.
 
 
Das Landgericht Bremen wird also zu beurteilen haben, inwiefern hierbei das Recht auf Religionsfreiheit eingeschränkt werden muss, weil sich sonst homosexuelle Menschen dem Aufruf zur Volksverhetzung ausgesetzt fühlen müssen.
 
 
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von deutschen und europäischen Gesetzen, die homosexuelle Menschen schützen und ihnen Recht zukommen lassen. Dazu zählen insbesondere natürlich allein schon das Grundgesetz im Artikel 1, aber auch darüber hinaus das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz oder auch Antidiskriminierungsgesetz, seit 2006) sowie z. B. auch die Möglichkeit der Eheschließung von homosexuellen Menschen seit 2017 und last but not least das Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen (2020).
 
 

 
Zur Causa Olaf Latzel kann man gerne bei Wikipedia nachlesen (Link, hier).

 
Nun hat sich ein Sachverständiger in dieser Causa geäußert. Ich zitiere im Folgenden eine Aussage von LTO (Legal Tribune Online, Link, hier) zu jenem Sachverständigen. Bei dem Sachverständigen handelt es sich um den Wiener Universitätsprofessor und katholischen Alttestamentler Ludger Schwienhorst-Schönberger. Nach LTO hat sich dieser Sachverständige wie folgt geäußert (Zitat):

 
„Latzel vertrete konservative Positionen, sagte Schwienhorst-Schönberger. Diese stellten aber keinen privaten abwegigen Sonderweg dar, sondern seien auch in theologischen Kreisen, bei Wissenschaftlern und der katholischen Kirche zu finden. Im Mainstream der liberalen, modernen und säkularen Gesellschaft seien solche Positionen aber nicht akzeptabel und plausibel. Er könne aber in den Äußerungen keinen Aufruf zum Handeln gegen Homosexuelle sehen und auch keine Anstachelung zum Hass, sagte der Theologe mit Blick auf ein in dem Verfahren relevantes Eheseminar Latzels im Oktober 2019.“
 
 
Zitat Ende.

 
Dazu folgende fünf Statements von mir:

 
1.) Ich habe bereits im April 2019 über den BoD-Verlag ein Buch veröffentlicht zu dieser Thematik:

„Gott, wie findest du schwulen Sex? Die Bedeutung der Wahrheit für die Realität“.
 

2.) Der Sachverständige Ludger Schwienhorst-Schönberger kommt nur zum Teil zu einem angemessenen Gutachten in der Causa Olaf Latzel und dem damit verbundenen Vorwurf der Volksverhetzung (bzw. Aufstachelung zum Hass). Der Pastor Olaf Latzel vertritt eine theologische Lehrauffassung in Sachen Homosexualität, die antiquiert ist und längst in westlich, modernen Gesellschaften so nicht mehr vertreten wird. Die Kirchengeschichte ist eine Geschichte des Machtkampfes zwischen „imperium et sacerdotium“: weltliche und kirchliche Macht. Es geht in diesem Konflikt zwischen Staat und christlicher Religion resp. innerhalb der römisch-katholischen Kirche bzw. hier innerhalb der Causa Olaf Latzel um nichts Geringeres als um die Autorität des Vatikan und der Bibel, die sich als Hebräische Bibel in Form der christlichen Bezeichnung "Altes bzw. Erstes Testament" und in Form des sog. "Neuen Testaments" zeigen will. Dieser Konflikt wurde im Mittelalter auch aggressiv und machtorientiert ausgeführt. In muslimisch geprägten Ländern steht teilweise das Ausleben von gleichgeschlechtlicher Sexualität gar unter der Gefahr, dass gleichgeschlechtlich empfindende Menschen unter Lebensgefahr stehen und mit dem Tod bestraft werden.
 
 
Historisch stellen wir seit der Reformation durch Martin Luther im 16. Jahrhundert, seit der Säkularisation unter Napoleon Bonaparte im 19. Jahrhundert bzw. seit der Sozialgesetzgebung unter Otto von Bismarck ebenfalls im 19. Jahrhundert eine starke und erhebliche Schwächung der "Kirche in Rom" fest.
 
 
Die massiven Kirchenaustritte im 20./21. Jahrhundert forcieren nun jenen Machtverlust des Christentums.
 
 
Hatte das Christentum ausgehend vom matthäischen Missionsbefehl noch in den ersten 3 - 4 Jahrhunderten nach unserer Zeitrechnung einen enormen Aufwärtstrend zu verzeichnen mit einem weltweiten Totalitätsanspruch, so ist mindestens seit der Renaissance und mindestens seit der Reformation durch Luther eine starke "Verwässerung" der kirchlichen Lehre zu erkennen. Mit der Reformation Luthers begann insofern der Abwärtstrend der römischen Kirche.
 
 
Wie lange es allerdings noch dauern wird, bis die römisch-katholische Kirche offiziell schwule und lesbische Sexualität moral-theologisch akzeptiert, bleibt fraglich.
 
 
Immerhin dauerte es mehr als 300 Jahre, bis Galileo Galilei von Papst Johannes-Paul II. am 31. Oktober 1992 rehabilitiert wurde.
 
 
Von den Problemen der Pädosexualität und der Exorzismen in der Kirche soll hier an dieser Stelle noch nicht gesprochen werden. Aber dies wird noch aufzurollen sein – auch gerichtlich.
 
 
Die deutsche Bundesregierung hat es immerhin nun geschafft, die Opfer des Schwulen-Paragraphen "175" zu rehabilitieren.
 
 
 
 
 
3.) Ich halte katholische Theologie für höchst problematisch angesichts des römisch-katholischen Katechismus, da deren Einstellung sexual-feindlich ist, wie anhand der Abschnitte 2351 – 2359 deutlich wird (Link zu den Abschnitten 2351 - 2359, hier)
 
 
Die Lehre der römisch-katholischen Kirche sieht in ihrem Katechismus Masturbation als eine in sich schwere ordungswidrige Handlung, die es zu brandmarken gälte.
 
 
Darüber hinaus ist auch ein außer-ehelicher Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau untersagt.
 
 
Prostitution wird als schwere Sünde gegen sich selbst gesehen. Der Leib einer jeden Person sei der Tempel des "Heiligen Geistes".
 
 
Homosexuellen Männern und Frauen wird im Katechismus nahegelegt, sich von homosexuellen Handlungen abstinent zu verhalten.

Dazu schreibt der Vatikan in seinem Katechismus unter den Abschnitten 2351 - 2359 mit der Überschrift "Verstöße gegen die Keuschheit" und "Keuschheit und Homosexualität" also folgendermaßen:


Verstöße gegen die Keuschheit
 
 
 
"2351 Unkeuschheit ist ein ungeregelter Genuß der geschlechtlichen Lust oder ein ungeordnetes Verlangen nach ihr. Die Geschlechtslust ist dann ungeordnet, wenn sie um ihrer selbst willen angestrebt und dabei von ihrer inneren Hinordnung auf Weitergabe des Lebens und auf liebende Vereinigung losgelöst wird.
 
 
 

2352 Masturbation ist die absichtliche Erregung der Geschlechtsorgane, mit dem Ziel, geschlechtliche Lust hervorzurufen. „Tatsache ist, daß sowohl das kirchliche Lehramt in seiner langen und stets gleichbleibenden Überlieferung als auch das sittliche Empfinden der Gläubigen niemals gezögert haben, die Masturbation als eine in sich schwere ordnungswidrige Handlung zu brandmarken", weil „der frei gewollte Gebrauch der Geschlechtskraft, aus welchem Motiv er auch immer geschieht, außerhalb der normalen ehelichen Beziehungen seiner Zielsetzung wesentlich widerspricht". Der um ihrer selbst willen gesuchten geschlechtlichen Lust fehlt „die von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche Beziehung, jene nämlich, die den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe realisiert" (CDF, Erkl. „Persona humana" 9). Um ein ausgewogenes Urteil über die sittliche Verantwortung jener, die sich hierin verfehlen, zu bilden und um die Seelsorge danach auszurichten, soll man affektive Unreife, die Macht eingefleischter Gewohnheiten, Angstzustände und weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren berücksichtigen, welche die moralische Schuld vermindern oder sogar aufheben.
 
 
 

2353 Unzucht ist die körperliche Vereinigung zwischen einem Mann und einer Frau, die nicht miteinander verheiratet sind. Sie ist ein schwerer Verstoß gegen die Würde dieser Menschen und der menschlichen Geschlechtlichkeit selbst, die von Natur aus auf das Wohl der Ehegatten sowie auf die Zeugung und Erziehung von Kindern hingeordnet ist. Zudem ist sie ein schweres Ärgernis, wenn dadurch junge Menschen sittlich verdorben werden.
 
 
 

2354 Pornographie besteht darin, tatsächliche oder vorgetäuschte geschlechtliche Akte vorsätzlich aus der Intimität der Partner herauszunehmen, um sie Dritten vorzuzeigen. Sie verletzt die Keuschheit, weil sie den ehelichen Akt, die intime Hingabe eines Gatten an den anderen, entstellt. Sie verletzt die Würde aller Beteiligten (Schauspieler, Händler, Publikum) schwer; diese werden nämlich zum Gegenstand eines primitiven Vergnügens und zur Quelle eines unerlaubten Profits. Pornographie versetzt alle Beteiligten in eine Scheinwelt. Sie ist eine schwere Verfehlung. Die Staatsgewalt hat die Herstellung und Verbreitung pornographischer Materialien zu verhindern.
 
 
 

2355 Prostitution verletzt die Würde der Person, die sich prostituiert und sich dadurch zum bloßen Lustobjekt anderer herabwürdigt. Wer sie in Anspruch nimmt, sündigt schwer gegen sich selbst: er bricht mit der Keuschheit, zu der ihn seine Taufe verpflichtet hat, und befleckt seinen Leib, den Tempel des Heiligen Geistes [Vgl. 1 Kor 6,15-20.]. Prostitution ist eine Geißel der Gesellschaft. Sie betrifft für gewöhnlich Frauen, aber auch Männer, Kinder oder Jugendliche (in den beiden letzteren Fällen kommt zur Sünde noch ein Ärgernis hinzu). Es ist immer schwer sündhaft, sich der Prostitution hinzugeben; Notlagen, Erpressung und durch die Gesellschaft ausgeübter Druck können die Anrechenbarkeit der Verfehlung mindern.
 
 
 

2356 Vergewaltigung ist ein gewaltsamer Einbruch in die geschlechtliche Intimität eines Menschen. Sie ist ein Verstoß gegen die Gerechtigkeit und die Liebe. Vergewaltigung ist eine tiefe Verletzung des jedem Menschen zustehenden Rechtes auf Achtung, Freiheit, physische und seelische Unversehrtheit. Sie fügt schweren Schaden zu, der das Opfer lebenslang zeichnen kann.
 
 
Sie ist stets eine in sich zutiefst verwerfliche Tat. Noch schlimmer ist es, wenn Eltern oder Erzieher ihnen anvertraute Kinder vergewaltigen.
 
 
 
 
Keuschheit und Homosexualität
 
 
 

2357 Homosexuell sind Beziehungen von Männern oder Frauen, die sich in geschlechtlicher Hinsicht ausschließlich oder vorwiegend zu Menschen gleichen Geschlechtes hingezogen fühlen. Homosexualität tritt in verschiedenen Zeiten und Kulturen in sehr wechselhaften Formen auf. Ihre psychische Entstehung ist noch weitgehend ungeklärt. Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet [Vgl. Gen 19, 1-29; Röm 1,24-27; 1 Kor 6,10; 1 Tim 1,10.], hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, „daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind" (CDF, Erkl. „Persona humana" 8). Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.
 
 
 

2358 Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen haben tiefsitzende  homosexuelle Tendenzen. Diese Neigung, die objektiv ungeordnet ist, stellt für  die meisten von ihnen eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitgefühl und  Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht  zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen  Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen  aus ihres Verfaßtheit erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu  vereinen.
 
 
 

2359 Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich - vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft -‚ durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern."

Zitat Ende.

 
 
 
4.) Es gibt auf protestantischer Seite der Theologie mindestens 1 Theologen (Professor Dr. Siegfried Zimmer), der am 07. Februar 2015 einen beachtlichen Vortrag zu diesem Thema gehalten hat:
 
 
"Die schwule Frage – Die Bibel, die Christen und das Homosexuelle" (Link, hier).
 
 
 

5.) Es geht in diesem Konflikt zwischen Staat und christlicher Religion resp. innerhalb der römisch-katholischen Kirche bzw. hier innerhalb der Causa Olaf Latzel um nichts Geringeres als um die Autorität des Vatikan und der Bibel, die sich als Hebräische Bibel in Form der christlichen Bezeichnung "Altes bzw. Erstes Testament" und in Form des sog. "Neuen Testaments" zeigen will.
 
 
Homosexualität stand lange Zeit unter Strafe, galt lange Zeit als Krankheit und ist noch immer ein Thema, das gerne mal tabuisiert wird.
 
 
Homosexualität im Zusammenhang mit Religion (Link zu Wikipedia, hier) wird immer noch sehr kritisch gesehen, vor allem in den drei monotheistischen Religionen.
 
 

Die jüdische Religion steht am Anfang von jenen drei monotheistischen Religionen.
 
 

Die am häufigsten zitierten Stellen aus dem Alten Testament zum Thema Homosexualität sind neben Genesis 19 wohl 3. Buch Mose, Kapitel 18, Vers 22 und Kapitel 20, Vers13.
 
 

In 3. Mose 20,13 steht (Buch Levitikus):
 
 
„Wenn ein Mann bei einem Mann liegt, wie man bei einer Frau liegt, dann haben beide einen Gräuel verübt. Sie müssen getötet werden.“ (Levitikus 20, 13).

Im Alten Testament im 3. Buch Mose, Kapitel 20 im Verse 10 steht aber auch:
 
 
„Wenn ein Mann mit einer Frau Ehebruch treibt, müssen der Ehebrecher und die Ehebrecherin getötet werden. […] Und wenn ein Mann bei einem Mann liegt, wie man bei einer Frau liegt, dann haben beide einen Gräuel verübt. Sie müssen getötet werden.“ (Levitikus 20, 10.13).
 
 

Meine Erklärung zu Lev. 20, 10.13:
 
 

Das 3. Buch Mose u. a. ist ein Text der "Priesterschrift" - ggf. noch jünger.
 
 

Nun gehe ich davon aus, dass es sich bei jener Priesterschrift um eine weitere Reform handelt, und zwar gemäß den Reformen des Königs Hiskija und denen des Königs Josia.
 
 
Hintergrund dieser Reformen war die Abschaffung des Polytheismus und des Henotheismus hin zur strengen Einführung des Monotheismus.
 
 
Jene Reformen hatten zum Hintergrund, dass man politische Ereignisse auf Gott zurück führte und z. B. prophetischerseits jene politischen Ereignisse (wie z. B. die Zerstörung des Nordreichs im Jahr 722 v. Chr. sowie die Zerstörung bzw. Eroberung Jerusalems im Jahr 589 v. Chr.) als Bestrafung für polytheistische bzw. henotheistische Anbetung des Volkes Israel sowie als Bestrafung für die Kooperation der Mächtigen des Volkes Israel mit fremden Völkern, die nicht monotheistisch eingestellt waren, ansah.
 
 
In  der Priesterschrift nun - besonders deutlich im Buch Levitikus - wird nun versucht, alle möglichen strafbaren Handlungen zu benennen und schließlich zu untersagen, damit das Unheil - wie typischerweise im Theismus angenommen wird - nicht erneut von Gott auf das Volk Israel hereinbreche(n soll, kann und würde).

Aber einmal davon abgesehen: Würden wir etwa heutzutage einen Mann bzw. eine Frau, die Ehebruch begangen haben, töten, nur weil es im Alten Testament, dem ersten Teil der Bibel, steht?
 
 
Dies ist eine rhetorische und zugleich eine ironische sowie provokative Frage in einem. Aber wir wissen scheinbar ganz genau: Homosexualität ist eine Sünde!
 
 
Steht eigentlich in der Bibel auch irgendwo, dass man Hexen ("auffällige" Frauen) verbrennen muss/darf?
 
 
Hoffentlich steht irgendwo in der Bibel, dass Pädophilie etwas ist, das in keiner (!) Weise zu tolerieren ist.
 
 
Wer sagt, das Praktizieren von Homosexualität sei eine Sünde?

 
 
Trotz des untersagenden Umgangs der römisch-katholischen Kirche mit Homosexualität ist - so schätzt man - in etwa jeder zweite katholische Priester schwul.
 
 

Siehe dazu auch meine Blogbeiträge unter den Titeln:

a) Homosexualität und Kirche mit dem Untertitel: Homosexualität - oder die Frage: Gibt es eine Liebe, die ethisch besser ist als Liebe? - Schwul und lesbisch sein in der Kirche oder die Frage: Was ist Liebe? (Link, hier)
 
b) Aspekte des Schwulseins in Kirche, Politik und Gesellschaft (Link, hier) mit dem Untertitel: Welche Haltung wird bzw. will die Kirche zukünftig  einnehmen in Sachen "Homosexualität" - auch und im besonderen angesichts  ihrer schwulen Priester in ihren eigenen Reihen?
 
c) Vatikan stellt sich auch gegen Transgender (Link, hier) mit dem Untertitel: Vatikan geht gegen neues italienisches Gesetz gegen Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Behinderte vor.
 

Einige Leute (A) sagen:
 
 

“Homosexualität ist eine Sünde!”
 
 
Einige Leute (B) sagen:
 
 
“Homosexualität ist keine Sünde!”
 
 
Was ist die Wahrheit? (Siehe dazu meinen Blogartikel "Was ist Wahrheit?" (Link, hier).
 
 
Kann die Wahrheit erkannt werden?
 
 
Platon sagt: Nein!
 
 
Einige Leute sagen: “Wir betrachten die Wahrheit von verschiedenen Aspekten!”
 
 
Aufklärer sagen: “Wir können die Wahrheit erkennen!”
 
 
Jesus (Christus) sagt: “Ich bin die Wahrheit!”
 
 
Thomas von Aquin sagt: “Gott ist die Wahrheit!”
 
 
Vgl. dazu mein Buch "Gott, wie findest du schwulen Sex? Die Bedeutung der Wahrheit für die Realität"
 
 

Wer hat Gott jemals reden gehört? Eher bestreitet die Richtung des Atheismus jegliche Sinnhaftigkeit von Religion und damit den Glauben an Gott, Götter bzw. etwas Göttliches.
 
 

Hierbei deutet sich eines der größten Probleme an:

Die drei monotheistischen Religionen sind Schriftreligionen, d. h. die Aussagen und das Glaubensfundament dieser drei Religionen bauen auf einer Verschriftlichung auf, von der gesagt wird, sie sei jeweils göttlich inspiriert:

Das Judentum hat die Hebräische Bibel (Tanach, Link zu Wikipedia, hier) als Grundlage ihrer religiösen Ansichten.
 
 
Das Christentum baut auf dem Alten Testament (in etwa vergleichbar mit der Hebräischen Bibel), auch Erstes Testament genannt, auf in Zusammenhang mit dem Neuen Testament.
 
 
Der Islam baut auf dem Koran auf.
 
 
Mit dem Monotheismus sind mindestens zwei gravierende Probleme verbunden:
 
 
Es geht um das Problem und die Frage nach der Autorität Gottes: Inwiefern hat sich Gott, wenn man ihn denn überhaupt annimmt und für existent hält, offenbart?
 
 
Es geht um das Problem und die Frage nach dem Eingreifen Gottes in die Zusammenhänge dieser Welt: Interveniert Gott oder verhält er sich passiv in Freiheit gewährender Weise?
 
 
Hat sich Gott den jüdischen Propheten offenbart?
 
 
Ist Jesus von Nazaret tatsächlich der "Sohn Gottes"?
 
 
Mohammed ist der Religionsstifter des Islam und gilt im Islam als Prophet und Gesandter Gottes.
 
 
Ausgehend vom Judentum und der negativen Sichtweise von Homosexualität wie in Genesis 19 und Levitikus 18,22 und Levitikus 20,13 gilt diese negative Sichtweise immer noch heutzutage zu Unrecht weitestgehend auch im Christentum und im Besonderen im Islam.
 
 
Strenge katholische Sozialisation führt dazu, dass die Ansicht, Homosexualität sei etwas "Abartiges", etwas "Schmutziges" oder gar etwas, das gemäß Bibel von "Gott" als ein Gräuel gesehen wird und mit dem Tod zu bestrafen sei, prolongiert wird.
 
 
Es geht nun darum, diese fatale Sichtweise auch in der römisch-katholischen Kirche aufzulösen.
 
 
Das Problem ist, dass römisch-katholische Kleriker "Wasser predigen, aber Wein trinken":
 
 
"Wasser predigen" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sie das Praktizieren von gleichgeschlechtlichem Sex ablehnen - ja - geradezu "verteufeln".
 
 
"Wein trinken" meint in diesem Zusammenhang, dass diese Kleriker es aber genießen, unter sich schwulen Sex zu praktizieren.
 
 
"Wasser predigen - Wein trinken" stellt also jene Doppelmoral dar - und das ist ja mittlerweile auch hinlänglich bekannt.
 
 
Viele dieser Priester kommen sehr wahrscheinlich aus einem sehr strengen katholischen Elternhaus. Durch diese Sozialisation wurde es diesen Menschen höchstwahrscheinlich unmöglich gemacht, zu ihrer Identität zu stehen.
 
 
Wenn es nicht erlaubt ist - von der Erziehung/Prägung her - schwul sein zu dürfen, dann muss ich es im Verborgenen tun.
 
 
Kein (!) Mensch kann seinen Sexualtrieb dauerhaft unterdrücken - schon gar nicht, wenn man schwul ist.
 
 
Früher führte dies zu "Subkulturen":
 
 
Schwule trafen sich im Verborgenen, im Dunkeln - dort, wo sie nicht entdeckt und erkannt werden konnten.
 
 
Dann kamen in den Anfängen der 80-er-Jahre "HIV" und "AIDS": Schwule wurden einer speziellen Schwulen-Krankheit ("GRID" = Gay-Related-Immune-Deficiency), wo das Schwulsein ohnehin schon als Krankheit gesehen und mit Lederkluft, Drogenkonsum und dem Dark-Milieu assoziiert wurde, bezichtigt.
 
 
Hierauf folgte eine Emanzipation von Schwulen und Lesben: die "CSD- Bewegung" ( = Christopher Street Day).
 
 
Infolge des Outings von vielen Prominenten, die sich zu ihrem Schwulsein bekannten, revidierte die WHO (World Health Organization), also die Welt-Gesundheits-Organisation, ihre Ansicht, Homosexualität sei eine pathologische Störung.
 
 
Es folgte in Deutschland 2006 das Antidiskriminierungsgesetz.
 
 
Ab Oktober 2017 wurde auch Homosexuellen (Schwule und Lesben) die standesamtliche Ehe gesetzlich erlaubt (Gleichgeschlechtliche Ehe).
 
 
Schließlich kam es politisch noch zu einem gesetzlichen Verbot, Homosexualität therapeutisch weg- bzw. umzutherapieren (Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen).
 
 
Viele röm.-katholische Priester haben infolge dieser staatlichen Öffnungen aber auch aufgrund dieser unsäglichen Doppelmoral in ihrer eigenen Kirche den Mut aufgebracht, zu ihrem Schwulsein zu stehen und sich öffentlich dazu zu bekennen.
 
 
Dies führte in aller Regel zur Suspendierung von ihrem Priesteramt.
 
 
Es muss endlich Schluss sein mit dieser theologischen Ansicht, die von biblischen Stellen wie Genesis Kapitel 19 (Sodom und Gomorrah) oder wie Levitikus Kapitel 18 und 20 (Heiligkeitsgesetze) ausgeht, Homosexualität sei eine schwere Sünde.
 
 
Dies erfordert natürlich einen erheblichen "Aderlass" innerhalb der "Kirche:
 
 
Die Kirche in Rom wird auch hierzu große Fehler und falsche Ansichten einräumen müssen, wozu sie derzeit noch nicht bereit ist.
 
 
Jene kirchliche Reform der Sexualmoral wird viel Arbeit, große Kraftanstrengung und viele Zugeständnisse erfordern:
 
 
 

a) Das Unfehlbarkeitsdogma, das in das Papstamt gelegt wurde, wird in Frage zu stellen sein.
 
 

b) Die biblische Hermeneutik und auch die Autorität der Bibel werden sich verändern müssen.
 
 

c) Der Katechismus der Kirche wird umgeschrieben werden müssen.
 
 

d) Es wird m. E. zu einer Veränderung von theistischen Ansichten kommen müssen: der Anspruch anhand der Inspiration der Bibel, in der Gott sich angeblich selbst offenbart habe, wird stark ggf. zugunsten des Deismus eingeschränkt werden müssen.



Von dem Gerichtsurteil des Landgerichts Bremen in der Causa Olaf Latzel wird eine Signalwirkung ausgehen. Das Signalurteil des Landgerichts Bremen wird zum Ausdruck bringen, ob auch die Kirche ihre Haltung in Sachen Homosexualität ändern muss, denn es kann nicht angehen, dass wir innerhalb des Rechtsstaates im 21. Jahrhundert ein kirchliches Gericht innerhalb des weltlichen Gerichtes haben. Theologie, Kirche, Bibel und bestimmte Formen der Religion müssen hierbei in ihre Schranken gewiesen werden. Die Signalwirkung wird auch dahin gehen, ob homosexuelle Menschen weiterhin fürchten müssen, dass sie Hass und Unverständnis nicht nur im Raum der Kirche, sondern im Bereich der Religion allgemein ausgesetzt sind.



Rainer Langlitz


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