Ostern als Symbol für "Neues Leben"

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Ostern als Symbol für "Neues Leben"

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Theologie · Freitag, 12. März 2021 ·  19:30
Mein Versuch der Harmonisierung zweier Extreme, um die Wahrheit über Ostern zu finden

Ostern hat zwei Deutungshorizonte:

a) einen heidnischen gemäß den Naturgesetzen als erstes Extrem.
b) einen theologischen gemäß christlichem Theismus als zweites Extrem.

In beiden Extremen geht es um ein „Neues Leben“:

Der Aspekt von Ostern unter Variante a) ist in der Fruchtbarkeitssymbolik zu sehen. Ostern ist mit dem erneuten Erblühen und dem Erwachen der Natur verbunden. Als Symbol hierfür gilt der Osterhase und die Ostereier als Symbole für das neue Leben nach der Winterperiode. Ostern fällt auf den ersten Sonntag nach dem zyklisch bestimmten Vollmond, der am oder nach dem 21. März als Frühlingsanfang stattfindet. Fällt der kirchliche Frühlingsvollmond auf einen Sonntag, wird Ostern am darauffolgenden Sonntag gefeiert.

Der Aspekt von Ostern unter Variante b) ist eindeutig mit der Person des sog. Jesus von Nazareth verbunden. Die Karwoche – auch Heilige Woche genannt – beschreibt den Einzug Jesu in Jerusalem (Palmsonntag), die Feier des letzten Abendmahls (Gründonnerstag), die Kreuzigung und den Tod Jesu (Karfreitag) inkl. der Grablegung und schließlich den Glauben an die Auferstehung Jesu am Morgen des ersten Tags nach dem jüdischen Sabbat (der Ostersonntag nach christlichem Verständnis).



Exkurs zum Extrem der Variante b (der theologische Deutungshorizont von Ostern gemäß christlichem Theismus):

Aspekte zu den Ostererzählungen im Neuen Testament

Jesus trat zuerst in Galiläa in Erscheinung und predigt: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“ (Markus 1, 14.15). Mit dem Beginn des Wirkens Jesu in Galiläa predigt er den Menschen vom nahen Reich Gottes. Jesus war Wanderprediger[1], treu im Glauben und damit Diener Gottes. Seine Predigten in Form von Gleichnissen[2] beispielsweise weckte in seinen Begleitern großes Interesse und rief Neugier hervor. Sein Wirken war geprägt von Empathie gegenüber den Leidenden. Er wandte sich in wütenden Reden gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer.[3] Dadurch kam es zu ernsten Konflikten. Die Schriftgelehrten und Pharisäer befürchteten einen Verlust ihrer Macht in der Frage der Auslegung der Schrift, des Tempeldienstes und der Reinheitsgebote. Sie baten die Hohepriester, etwas zu unternehmen. Aus Angst vor einer Rebellion des Volkes gegen die Besatzungsmacht der Römer verurteilten diese Jesus vor dem Hohen Rat wegen Gotteslästerung. Sie sahen in Jesus einen Unruhestifter. Sie überlieferten ihn Pilatus, der ihn zum Tode verurteilen sollte. Dieser sah jedoch keinen Tatbestand erfüllt, der für eine Hinrichtung sprechen konnte. Doch das jüdische Volk wollte nun auch seine Hinrichtung, da es in Jesus doch nicht den erwarteten Messias erkennen konnte. Jesus von Nazareth wurde um das Jahr 30 gekreuzigt. Der Tod Jesu ist demnach rein historisch in diesen Ereignissen zu erkennen. Erst nach den historischen Ereignissen im Zusammenhang mit dem Tod Jesu wird Jesus durch die leibliche Auferweckung durch Gott für viele Gläubigen zum sichtbaren Beweis, dass er der wahre Messias war und damit der Sohn Gottes. Paulus deutet nach seiner Bekehrung (um 33 bzw. 35 nach Christus) den Tod Jesu in einer heilbringenden Theologie des Kreuzes (Vgl. 1. Korinther 1, 18 – 2, 5). Die Botschaft der Auferweckung ist wundervoll ausgeschmückt in der Osterbotschaft, die im Evangelium nach Markus als dem ältesten Evangelium zu lesen ist (Markus 16, 1 - 8): zwei Frauen besuchen nach dem dritten Tag der Kreuzigung Jesu die Grabeshöhle, in die Jesus gelegt wurde. Das Grab ist leer. Ein junger Mann in weißen Gewändern verkündigt den beiden Frauen diese frohe Botschaft: „Fürchtet euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.“ (Markus 16, 1-8).
Damit ist im Evangelium nach Markus (hier: das Buch von der frohen Botschaft) ein Spannungsbogen gesetzt: Der Ort des Beginns des Wirkens Jesu ist nach Markus 1, 9 Galiläa. Die Osterbotschaft in Markus 16, 7 sagt, dass die Jünger nach Galiläa gehen sollen. Dort werden sie ihn wiedersehen. Das kann bedeuten, dass Markus bewusst die Verbindung zwischen dem historischen Jesus von Nazareth und dem verkündigten Jesus Christus betont. Das könnte bedeuten, dass Teile der folgenden Berichte des Evangeliums nach Markus Ostererzählungen[4] sind. Die Erzählungen in den Evangelien sind also historisch und theologisch von dem Osterereignis beeinflusst. Die Berichte der Evangelisten (Matthäus, Markus, Lukas und Johannes) sind demnach eine Mischung aus historischen Berichten, also Erfahrungen der Menschen im Zusammensein mit Jesus von Nazareth, die sich die Menschen nach Jesu Tod weiter erzählt haben, und sogenannten „Legenden“, die in feierlicher Weise von der frohen Botschaft (dem Osterereignis) erzählen und allen gepredigt werden sollen.

Theologisch gesehen, ist der Glaube an die Auferweckung des Jesus von Nazareth ein Geheimnis, das außerhalb unserer menschlichen Vorstellungskraft liegt und das wir mit dem Verstand nicht verstehen können, da es sich jeglicher Wissenschaft entzieht. Denn Wissenschaftler können die Auferstehung des Jesus von Nazareth als eines Menschen nicht beweisen, aber natürlich auch nicht widerlegen. Vgl. dazu den Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth Kapitel 15, 3-11:

„Denn als erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tag nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. [...] Es sei nun ich oder jene: so predigen wir, und so habt ihr geglaubt.“

Der Auferstandene hat eine Gestalt, die noch nicht im Himmel ist, der Leib zeigt sich noch mit den Wundmalen von der Kreuzigung, er ist variabel:[5] er kann gesehen und nicht gesehen werden. Die Erzählung vom ungläubigen Thomas will verdeutlichen, dass der Auferstandene im Glauben[6] anzunehmen ist. Der Glaube bedeutet Annahme der Liebe Gottes. Doch der Auferstandene war für einige der Jünger auch physisch erkennbar, und es waren auf keinen Fall nur gedankliche Wünsche, denn sonst hätte es eine Kirche in Form der ersten Jünger nie gegeben. Es muss viele Erscheinungen des Auferstandenen gegeben haben, so wie Paulus schreibt.[7] Der Auferstandene erscheint nur denen, die an ihn glauben, man begegnet ihm nur im Glauben, in der persönlichen Begegnung mit ihm: im Glauben, im Gebet, in der Nachfolge. Der auferstandene Gekreuzigte ist mit dem historischen Jesus in den Evangelien identisch. Viele sehnen sich nach Sicherheit, so wie Thomas. Der Auferstandene ist jedoch nur im Glauben wahrnehmbar: als Annahme des Auferstandenen, als Annahme seiner Liebe, in der Verkündigung, dass er auferstanden ist und nicht zuletzt im Mitgehen mit ihm nach Jerusalem, nämlich an den Ort, wo er gekreuzigt wird und stirbt, um ihn dann in Galiläa wiederzusehen und ihm dort zu begegnen.

Es geht demnach um den Glauben an Christus, der in den Evangelien in einer Identität zwischen dem historischen Jesus von Nazareth und dem Auferstandenen verkündigt wird. Vgl. dazu Philipperbrief 2, 6-11:

6 Er, der in göttlicher Gestalt war,
hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,
7 sondern entäußerte sich selbst
und nahm Knechtsgestalt an,
ward den Menschen gleich
und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.
8 Er erniedrigte sich selbst
und ward gehorsam bis zum Tode,
ja zum Tode am Kreuz.
9 Darum hat ihn auch Gott erhöht
und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,
10 dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,
11 und alle Zungen bekennen sollen,
dass Jesus Christus der Herr ist,
zur Ehre Gottes, des Vaters.

Christen finden im Glauben zu einer persönlichen Begegnung mit dem Auferstandenen. In der persönlichen Begegnung im Glauben nehmen sie den „Auferstandenen“ wahr.[8] Sie halten sich dabei z. B. an das Wort Jesu in Johannes 20: „Selig, die nicht sehen und doch glauben.“

„Am Abend aber desselben ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten ein und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den HERRN sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und da er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. Thomas aber, der Zwölf einer, der da heißt Zwilling, war nicht bei ihnen, da Jesus kam. Da sagten die anderen Jünger zu ihm: Wir haben den HERRN gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Es sei denn, dass ich in seinen Händen sehe die Nägelmale und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, so will ich's nicht glauben. Und über acht Tage waren abermals seine Jünger drinnen und Thomas mit ihnen. Kommt Jesus, da die Türen verschlossen waren, und tritt mitten ein und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und siehe meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein HERR und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Dieweil du mich gesehen hast, Thomas, glaubest du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“


Ende des Exkurses.


Ostern hat für mich eine große Bedeutung. Ich las ca. im Alter von 12 Jahren zum ersten Mal in der Bibel jene Auferstehungs- bzw. Osterberichte. Sie lösten eine große Faszination auf mich aus. Dass Menschen unter den Römern gekreuzigt wurden, das war mir bekannt und auch bewusst. Dass aber einer dieser gekreuzigten Menschen wieder "auferstanden" sein soll, das war ein absolutes Faszinosum für mich. Ich las weiter in der Bibel mit großem Interesse. Der Bericht in den Evangelien von der Auferstehung Jesu war u. a. ein entscheidender Aspekt, warum ich später nach dem Abitur evangelische Theologie studieren wollte.

Im Studium der evangelischen Theologie passiert nun zweierlei. Zum einen trifft man auf Kommilitonen mit verschiedenen theologischen Ansichten: die einen sind eher sehr gläubig bis hin zu evangelikal bzw. fundamental. Andere sind eher liberal orientiert bis hin zu skeptisch. Zum anderen trifft man auf Professoren und Professorinnen, die den Studierenden Sichtweisen und wissenschaftliche Techniken beibringen. Der Studierende legt in der Regel ein Ziel für sein Studienende fest. Entweder legt er das kirchliche Examen ab und geht dann nach dem Examen in den kirchlichen Dienst. Im anderen Fall legt der Studierende das Staatsexamen ab und wird oftmals Religionslehrer.

Anfangs war ich in meinem Studium immer noch theologisch sehr an der Bibel, aber auch an den „Zugängen“ zur Bibel interessiert. Noch bis ins Jahr 2016 war ich absolut davon überzeugt, dass es die Auferstehung Jesu wirklich historisch gegeben hat. Historisch heißt hier, dass irgendetwas (!) passiert sein muss, was den Beginn des Christentums initiiert und in Bewegung gebracht hat. Dieses „Irgendetwas“ war für mich jenes Osterereignis, das typischerweise im Neuen Testament thematisiert wird. Allerdings begann 2016 eine verwirrende Veränderung in mir stattzufinden. Mein Glaube an die Auferstehung zerbröckelte dabei immer mehr. Mehrere Aspekte unterstützten dieses Zerbröckeln. Zum einen entstamme ich ohnehin einem familiären Hintergrund, dem christlicher Glaube und die christliche Kirche nicht unbedingt eine Herzensangelegenheit sind. Zum anderen war ich schon während meines Studiums an den Sichtweisen des Neutestamentlers Rudolf Bultmann (1884 – 1976) interessiert:

„Bultmann gesteht der Philosophie ihrerseits zu, ein Vorverständnis des Seins und eine Begrifflichkeit zur Verfügung zu stellen, die theologisches Nachdenken überhaupt erst möglich machten. Die Aussagen und Schlüsse der Theologie gründeten jedoch nicht auf der Philosophie, sondern auf der göttlichen Verkündigung und im Christentum insbesondere dem Kreuzesgeschehen. Der Glaube an die Sündenvergebung und die Erlösung durch die Liebe Gottes sei nur aufgrund des Osterereignisses mehr als Wunschdenken. Die Auferstehung Jesu Christi müsse also mehr sein als mythologische Rede. Da die historisch-kritische Forschung das leere Grab und die leibliche Auferstehung Jesu nicht als historisch gesichert erscheinen lasse, sei vielmehr die Entstehung des Osterglaubens unter den Jüngern als historischer Kern zu betrachten. Dieser gelte dem Historiker als visionäres Erlebnis ungeklärter Herkunft, dem glaubenden Christen dagegen als Offenbarung Gottes, dass Jesu Kreuzigung als Heilsereignis zu verstehen sei. Christlicher Glaube bestehe darin, diese Verkündigung als legitimes Gotteswort zu betrachten und sein Leben von diesem her zu verstehen.“[9]

Mit anderen Worten:

Bultmann ist der Auffassung, dass die Wissenschaft die Auferstehung Jesu historisch nicht als eigenständiges Ereignis feststellen kann. Lediglich der Glaube (!) der Jünger und die damit verbundene Entstehung einer frühen christlichen Gemeinde kann als historisches Faktum gelten.

Was Auferstehung bedeutet, haben viele Menschen zu erklären versucht. So wie es verschiedene Zugänge zur Bibel gibt, so gibt es auch verschiedene Zugänge zur Thematik „Auferstehung“. Wir unterscheiden vor allem folgende drei Zugänge:

a)    einen biblisch-fundamentalen Zugang
b)    einen historisch-kritischen und damit wissenschaftlich-orientierten Zugang
c)    einen skeptischen Zugang

Der biblisch fundamentale Zugang versteht die Bibel grundsätzlich als Wort Gottes, dem es zu folgen gilt, weil sich Gott selbst in der Bibel offenbart habe. Fundamentale Christen übernehmen und verstehen dabei die Texte in der Bibel so, wie sie dem Wortlaut überliefert sind. Fundamentale Christen zweifeln nicht an den Inhalten der Bibel.

Der historisch-kritische Zugang will die Bibel zunächst sachlich als objektive Literatur verstehen, die wir verstehen wollen. Diese Methode will die biblischen Texte genauestens analysieren, verstehen und den Texten dabei ihr Recht zukommen lassen. Es geht dabei zunächst um die literarische Analyse der biblischen Texte als weniger um den persönlichen Glauben.  

Der skeptische Zugang versteht Auferstehung als eine supranaturale Geschichte, die eher in den Bereich der Mythologie gehört. Dieser Zugang will zum Ausdruck bringen, dass ein Toter in aller Regel nicht wieder lebendig werden kann und dass der Glaube an die Auferstehung damit im Widerspruch zu den Naturgesetzen steht.

Der Zugang unter a und c stehen sich dabei gegensätzlich gegenüber. Wie ich bereits an anderer Stelle angedeutet habe, ist Wahrheit meistens irgendwo in der Mitte zwischen zwei Extremen zu finden.

Sicherlich sind die biblischen Berichte um die Auferstehung Jesu einerseits vom Ablauf her nachvollziehbar. Auch in Filmen werden die Geschichten aus der Bibel dargestellt.

Fragt man mich nach meiner persönlichen Meinung in Bezug auf diese beiden Gegensätze, so antworte ich derzeit:

Die Sehnsucht nach einem Leben nach dem Tod, aber auch der Wunsch zu erfahren, was und wer Gott ist, hat ja nun wirklich eine lange Tradition.
Dieser Wunsch ist fast grundsätzlich zum Menschsein dazugehörig, weil wir Menschen oftmals Angst vor dem Tod und vor dem haben, was nach dem Tod kommen könnte.
Man könnte diese Angst also als archetypisch bezeichnen. Archetypisch bedeutet, dass etwas von Anfang an grundsätzlich im Menschen vorhanden war.

Dass wir Menschen mit jener Angst umgehen wollen, ist ein besonderes Charakteristikum von Religion.

Es gab den Polytheismus des Alten Ägyptens, der Griechen und der Römer – aber auch der Germanen. All diese polytheistischen Religionen hatten selbstverständlich auch ihre Vorstellung von dem, was nach dem Tod passieren wird.

Ich bezeichne diese Ansichten inkl. der christlichen Ansicht als ein (!) Extrem.

Das andere Extrem wäre zu sagen: „Nein! Nach dem Tod passiert Nichts. Wir sterben – und das war es dann. So sind die Naturgesetze.“


Wenn es nun stimmt, dass Wahrheit meistens in der Mitte liegt, dann könnten wir zu dem Ergebnis kommen, dass es irgendetwas (!) nach unserem Tod gibt. Was es genau sein wird, wissen wir nicht.

Wir könnten demnach Ostern verstehen als Teil des wiederkehrenden Lebens.

Dieser Vorstellung würde ich uneingeschränkt zustimmen.

Auf diese Vorstellung könnte ich ungehindert meine Hoffnung aufbauen.

Es braucht nicht die absolute Vorstellung à la „So oder so wird es konkret sein!“. Es reicht die Vorstellung, die uns die Natur jedes Jahr zu Frühling zeigen und verständlich machen will:

„Das Leben kehrt zurück. Es beginnt nach dem Absterben etwas Neues!“

Worin dieses Neue konkret bestehen wird, wird ein Geheimnis bleiben.

Wir erkennen eine Tendenz und einen Mechanismus, dass das Leben im Frühjahr nach dem Winter zurückkommt.

Natürlich ist der Hintergrund für dieses alljährliche Wiedererwachen der Natur, dass unser Planet Erde die Sonne umkreist, denn durch diesen Abstand zwischen Erde und Sonne entstehen ja die Jahreszeiten und die damit verbundene Abfolge von Winter und Frühling.

Ich bin derzeit dennoch der festen Überzeugung, dass es eine stetige Abfolge von Zerfall auf der einen Seite und von Werden und neuem Entstehen auf der anderen Seite gibt und immer geben wird.

Auch die Theorie von Materie und Antimaterie, nach der bei einem größtmöglichen Unterschied von Materie und Antimaterie eine neue Explosion des Universums zu erwarten sei (Theorie von Multiversen) ist ein Hinweis darauf.

Könnte man sagen, dass alles im Universum auf ein „Wieder“ und ein „Erneut“ ausgerichtet ist, ohne dass es ein absolutes Ende gibt?

Könnte diese Vorstellung dazu führen, dass wir eine neue Lebensfreude entwickeln?

Könnte dies dazu führen, dass wird weniger Angst vor der Zukunft haben müssen?

Könnte dies dazu führen, dass wir bewusster und entspannter im Jetzt leben können?

Wir sollten aber auch akzeptieren, dass wir Angst haben. Angst können wir vor Vielem haben…

Das Gesetz der Polarität lehrt uns, dass wir jeweils von der einen Seite auch die andere Seite kennen lernen müssen:

a)    das Leben
b)    den Tod

Wir können nichts Anderes tun als zu versuchen, in der Gegenwart zu leben.

Anhand der Natur und ihrer Gesetze können wir erkennen, dass es ein Sterben und (!) ein Wiedergeboren-Werden gibt.

Für mich ist diese Vorstellung ein Anlass zur (Lebens-) Freude und zugleich ein Anlass, neugierig zu sein, was nach (!) meinem Leben kommen wird.

Rainer Langlitz
 


[1] Jürgen Becker, Jesus von Nazaret (1996)

[2] Vgl. Matthäus 13

[3] Vgl. Matthäus 23, 1-38

[4] Höchstwahrscheinlich viele der Wundererzählungen, die voller Freude über die Auferweckung Jesu den Menschen gepredigt werden wie z. B. die Erzählung von der Auferweckung des Lazarus.

[5] Vgl. dazu die Theologie des Paulus im 1. Korintherbrief in Kapitel 15:
Paulus spricht vom σωμα φύσικον bzw. vom σωμα πνευμάτικον, also einem natürlichen und einem geistlichen Leib.

[6] Der Glaube bedeutet im christlichen Theismus Annahme der Liebe Gottes: die Auferweckung des Menschen Jesus von Nazareth durch Gott ist ein Akt der Liebe Gottes, ja es ist - theistisch gesehen - ein Beweis seiner unendlichen Liebe.

[7] Vgl. dazu die Bekehrung des Paulus, der von sich behauptet, dass ihm der Auferstandene selbst begegnet ist.

[8] „Maria aber stand vor dem Grabe und weinte draußen. Als sie nun weinte, guckte sie ins Grab und sieht zwei Engel in weißen Kleidern sitzen, einen zu den Häupten und einen zu den Füßen, da sie den Leichnam hingelegt hatten. Und diese sprachen zu ihr: Weib, was weinest du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich zurück und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht er zu ihr: Weib, was weinest du? Wen suchest du? Sie meint es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo hast du ihn hingelegt, so will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm: Rabbuni (das heißt: Meister)! Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater. Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Maria Magdalena kommt und verkündigt den Jüngern: Ich habe den HERRN gesehen, und solches hat er zu mir gesagt.“ (Johannes 20, 11-18)

[9] Wikipedia, Art. Rudolf Bultmann, Aufruf vom 10.03.2021                                                                


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